Ganz oben im Mühlviertel, im Dreiländereck Österreich-Tschechien-Bayern, spielt Adalbert Stifters “Hochwald”. Und auch wenn zu meiner Schulzeit die Lehrpläne noch nicht so streng waren und es daher möglich war Brecht und Bernhard zu lesen und zahlreiche Fahrten ins Burgtheater zu machen (R.I.P. Claus Peymann), ganz war es doch nicht vorgesehen dem 19. Jahrhundert und seiner Literatur zu entkommen. In Linz hiess das Stifter lesen. Den “Hochwald”. Schon nach 5 Seiten Beschreibung von Fichten, Tannen und Föhren in schroffen Tälern habe ich aufgegeben und sehnsüchtig auf die Erfindung der Photographie gewartet, die uns derartige literatrische Langatmigkeiten in der Zukunft ersparen würde.
Heute aber haben wir uns nach dem Hochwald gesehnt. Nicht nach dem von Stifter, sondern einem aus Bäumen, denn auf dem Weg von Aigen bis zur tschechischen Grenze fehlt es in der Sommerhitze ganz eindeutig an Schatten. Dafür aber kriecht die Strasse mit bis zu 15% Steigung den Südhang hinauf – kein Spass und Wunder, dass uns die anderen Radfahrenden nur entgegen gekommen sind. Die andere Richtung ist nämlich nicht weniger steil, dafür aber liegen die anstrengendsten Teile im Wald. Ob dort noch ein paar Bäume aus Stifters Zeiten stehen? Oder sind vielleicht die Baumstümpfe, die bei Niedrigwasser am Ufer des Moldau-Stausees auftauchen, noch Zeitgenossen? Sicher aber ist Stifter niemals mit dem Fahrrad unsere heutige Strecke gefahren, denn ohne Gangschaltung wäre der etwas beleibte Schriftsteller niemals auf den Berg gekommen und die Gangschaltung wurde erst Jahrzehnte nach seinem Tod erfunden.
Vielen Radfahrenden, die uns auf den ersten rund 50 Kilometern der Tour entgegen gekommen sind, dürfte die Gangschaltung nicht ganz so wichtig gewesen sein. Sie fahren ja schliesslich netto bergab, am flachen Donauradweg und ausserdem mit elektrischem Hilfsmotor, bei dem mich sowieso der Verdacht beschleicht, dass bei den meisten E-Bike-Fahrenden die Gangschaltung eher ein dekoratives Element ist. Gefahren wird nicht mit Gangschaltung, sondern mit Kette rechts und mehr oder weniger Strom. Und das heute in Massen, wir sind uns heute zwischen Linz und Aschach vorgekommen wie Geisterfahrer auf der Autobahn.
Auf den letzten Kilometern haben wir uns noch irgendeinen Titel im Paarzeitfahren verdient. Sowas wie “Südböhmerwälder Meister*innen im Paarzeitfahren (Hügelwertung, mixed)”. Wir haben es nämlich geschafft mit ordentlich Reintreten und einer Flasche Cola (Pssst: Doping) noch den 18:52 in Rybnik zu erwischen. Die Alternative dazu möchte ich mir lieber nicht vorstellen: 2 Stunden warten in the middle of nowhere, so hübsch kann der alte Bahnhof garnicht sein.
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