Nun sitzen wir also im alten Salzspeicher von Budweis, dem Solnice, einem Gebäude, das vor fast 500 Jahren errichtet wurde um einerseits als Getreidespeicher zu dienen und andererseits das kostbare Salz, eines der wenigen Konservierungsmittel, die damals zur Verfügung standen, aufzubewahren. Böhmen war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein sehr reiches Land (die „goldene“ Stadt Prag trägt ihren Namen nicht zu Unrecht), aber es hatte wegen seiner geographischen und geologischen Lage bei Salz ein kleines Problem: kein Meer weit und breit und Salzstöcke finden sich nicht so gern in Granit. Es wurde also von Linz aus Salz nach Budweis gebracht, daneben auch noch so einiges anderes, was eine Stadt wie Prag brauchen konnte, und das über die alte Handelsstraße, die wir letztes Jahr genommen haben. Bei schlechtem Untergrund muss das eine sehr langsame und anstrengende Fahrt gewesen sein, und schlechten Untergrund erwarten wir nach den Regengüssen der letzten Tage auf jeden Fall.
Wir nehmen die Bundesstrasse und gönnen uns ein Erlebnis der ganz anderen Art. Es ist nämlich Feiertag in Österreich, aber im bekannt wenig katholischen Tschechien ist erstens ein ganz normaler Arbeitstag und zweitens haben die Einkaufszentren auch an ganz normalen Sonntagen gern geöffnet. Was machen also die auch nicht so viel katholischeren Oberösterreicher*innen? Sie setzen sich ins Auto und fahren Shoppen nach Krumau, Budweis oder einfach gleich hinter die Grenze nach Studánky. Auf dem Rückweg dürfen sie dann an der Grenze auf die Kontrolle warten und einen Urlaub wie damals erleben, ebenso wie all diejenigen, die in den letzten Tagen auf der Tauernautobahn im fast 50 km langen Stau vor dem Tauerntunnel gestanden sind. Nicht unser Problem, weil uns kontrolliert sowieso nie jemand und außerdem fahren wir ja in die andere Richtung.
Nach insgesamt 110 Kilometern, rund 1500 Höhenmetern und sogar einem kleinen Stück Schiebestrecke (manche Steigungen sind nicht für Reiseräder mit Gepäck gemacht, manche Baustellen ebensowenig) kommen wir in České Budějovice an. Der Hauptplatz mit seinen Arkaden hat sich seit letztem Jahr nicht geändert, dafür aber haben wir das hiesige Pferdeeisenbahnmuseum gefunden (heute geschlossen) und die Fabrik von Koh-i-Noor Hardtmuth, gross genug um vermutlich ganz Europa mit Blei- und Buntstiften zu versorgen. Joseph Hardthmut, der Ahnvater der Bleistift-Produktion an dieser Stelle, war übrigens Weinviertler, geboren in Asparn an der Zaya. Er war gelernter Steinmetz und hat an diversen Um- und Neubauten für die Familie Liechtenstein als Architekt gearbeitet. Er hatte als Architekt ein Problem, nämlich die Versorgung mit erschwinglichen Bleistiften, das er gelöst hat indem er anstelle der aus Graphit geschnittenen Minen solche verwendet hat, die aus Graphitstaub und Ton gebrannt wurden. Dass man Graphit und Ton auch in unterschiedlichen Verhältnissen mischen und somit unterschiedliche Härtegrade erlangen kann, kommt wiederum dem künstlerischen Zeichnen entgegen. Und jetzt hätte ich Lust mal wieder eine Bialetti zu zeichnen.
Die Fotos






























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