Die heutige Strecke dürfte sich als Sommer-Radtour eher eignen als vieles, was man im Nordosten Österreichs sonst so machen kann. Wir bewegen uns fast durchgängig auf über 500 m über dem Meeresspiegel und durch eine Landschaft aus Wäldern und zahlreichen Gewässern. Diese Gewässer sind abgesehen von den kleinen Flüssen, die unsere Fahrt heute so besonders hügelig machen, weil wir uns quer zu den Tälern bewegen, sämtlich künstlich angelegte Teiche. Seen hat Tschechien nämlich nicht viele, aber man weiss sich schon seit dem Mittelalter zu helfen und staut die Bäche und Flüsschen auf. Die Teichwirtschaft wird heute wohl keine so große wirtschaftliche Rolle mehr spielen, dafür aber sieht es so aus als wären das Třeboňsko, die Teichlandschaft zwischen dem namensgebenden Třeboň und dem österreichischen Gmünd durchaus eine beliebte Urlaubsregion. Bei uns hat es diese Ecke Tschechiens jedenfalls auf die Shortlist geschafft und wir überlegen schon, ob wir irgendwann im Sommer ein Wochenende verlängern und über das Waldviertel eine Schleife hierher fahren. Es gibt hier nämlich noch etwas, das wir uns gern näher ansehen würden: Jindřichův Hradec hat auf den ersten Blick außerordentlich hübsch gewirkt und vielleicht bekommen sie es hier ja auch hin, dass im Sommer auf der Schmalspurbahn wieder Dampf (oder zumindest irgendetwas) fährt?
Eine Sommertour also fahren wir heute in einer Landschaft, die nicht nur ähnlich aussieht wie im Waldviertel, sondern auch ähnlich dünn besiedelt ist. Radwege gibt es hier quasi nicht, dafür aber reichlich Wald- und Feldwege mit Asphaltdecke. Supermärkte sind eher dünn gesät und der eine Coop, den wir zur üblichen Mittagszeit gefunden haben, hat genau 2 Minuten vor unserer Ankunft für den Rest des Tages geschlossen. Die lokale Trankler-Partie, bestehend aus einem halben Dutzend älterer Männer, hat das natürlich gewusst und sich rechtzeitig mit einem Vorrat Bier eingedeckt, zur gemütlichen Vernichtung über den Rest des Nachmittags.
Die Nacht verbringen wir in Telč, zu deutsch Teltsch (man bemerke das Einsparpotential an Buchstaben durch geschickt gesetzte Hačeks – auf Tschechisch ist der Ortsname fast 50 Prozent kürzer). Wir haben ja schon oft gesagt, dass ein Ort gleichsam eine Filmkulisse ist, aber hier in Telč stimmt es wirklich. Das Ortszentrum der kleinen Stadt hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder als Kulisse für nationale und internationale Filme gedient – činečittá für die berühmten tschechoslowakischen Märchenfilme, aber auch für Werner Herzog.
Wir spazieren über den eigentlich etwas überdimensionierten Marktplatz zum Renaissanceschloss (geöffnet zu den Amtsstunden der staatlichen Schlösserverwaltung, derzeit nur bis 17 Uhr), durch den Schlosspark und zu den Teichen. Auch hier in Telč hat man vor Jahrhunderten einen Bach zu einer Kette von Teichen aufgestaut und zeitweise eine profitable Fischzucht betrieben. Heute kann man sich im Sommer glücklich schätzen, wenn das eigenen Haus hier direkt an einem der Teiche liegt, einige haben hier Bootsstege, andere nur eine Bank am Ufer und vielleicht eine Trauerweide. Ob es hier im UNESCO Welterbe im Sommer auch so chillig zugeht wie heute, wissen wir natürlich nicht, aber gerade dann braucht man ja irgendwo eine Trauerweide, einen Griller im Garten und ein gekühltes Bier.
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