Nach der gestrigen Tour schuldet uns das Mühlviertel ein paar Hundert Höhenmeter, die wir uns heute zurückholen werden. Davor aber heisst es ordentlich weiter investieren damit sich das auch so richtig auszahlt. Es geht also wieder hinauf in Richtung der tschechischen Grenze, diesmal allerdings ins untere Mühlviertel. Radroutentechnisch gibt es übrigens wenig Unterschied zwischen “oben” und “unten” – Mühlviertel ist Mühlviertel und das heisst, dass es hügelig bis bergig wird. Verpflegung abseits von Schweinsbraten und Schnitzel ist am Sonntag auch eine Herausforderung, also peilen eine Tankstelle wir Freistadt und dann geht es runter ins Tal der Maltsch (Malše), die hier historisch die Grenze zwischen Böhmen und Österreich und heute zwischen Tschechien und Österreich bildet.
Am Ufer des Flüsschens steht das vermutlich kleinste Museum Österreichs, das der ehemaligen Zollstation gewidmet ist. Gerade mal so gross wie ein Geräteschuppen ist es, doch es gäbe zum Thema Grenze hier an dieser Stelle viel zu erzählen: zum Schmuggel in der Zwischenkriegszeit, als es der Tschechoslowakei im Norden wirtschaftlich besser ging als dem Mühlviertel im Süden, vom Versuch die Grenze gegen die deutsche Aggression zu sichern, von der Vertreibung nach 1945 und dem Fall des Eisernen Vorhangs. Wir wissen nicht, was im Museum wirklich gezeigt wird, denn es hat geschlossen, die Themen aber werden jenseits der Grenze in einer kleinen Ausstellung neben der Kirche von Zettwing/Cetviny behandelt, dem einzigen erhaltenen Gebäude des Ortes. Wir betrachten das Kirchlein von Aussen, lesen die Tafeln der Ausstellung und plötzlich spring uns ein Name in die Augen: die hiesige Fleischerei hat einer Katharina Schöllhammer gehört, die Familie wurde 1946 in die Nähe von Freistadt ausgesiedelt. An der Rettung und Restaurierung der Kirche war ebenfalls ein Mitglied der Familie Schöllhammer beteiligt, eine Gertrud, als Kind vertrieben lebte sie nach dem Krieg in München. Hatte ich hier etwa Verwandte? Die Schöllhammers sind ja alle irgendwie weitschichtig miteinander verwandt. Auch wenn von den vor 1945 hier ansässigen Schöllhammers sicher niemand mehr am Leben ist, hätte ich nicht erwartet hier am Ende der Welt, in einem Ort, der vor über 70 Jahren dem Erdboden gleich gemacht worden ist, weil der dem Grenzschutz zu nahe an der Grenze gelegen war, auf diesen Namen zu stossen.
Der Rest der Tour ist sicher auch historisch irgendwie interessant, vor allem aber wegen der Strecke. Ein Traum für eine sommerlichen Radtour. Es geht tendenziell bergab durch dichte, schattige Wälder, grossteils auf sehr, sehr ruhigen Nebenstrassen und asphaltierten Waldwegen und nur zweimal entspricht der Untergrund nicht dem, was wir erwartet hätten als wir beim Navi ‘Rennrad-tauglich’ bestellt haben. Einmal fehlt eine Brücke über einen Bach und ein guter Kilometer ist in der Karte als asphaltiert verzeichnet, de facto aber eher eine Mountainbike-Strecke mit Gleisschotter und vereinzelt Resten von Asphalt. Hier auf Dauer zu bremsen schaffen meine Hände nicht, einfach laufen lassen ist aber mit dem Leben nicht vereinbar. Also bringt uns ein Datenfehler in den Open Streetmaps eine Bergab-Schiebestrecke ein. Wir werden uns rächen und den Kilometer korrigieren.
Die Fotos






































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