Auf dem Bahnsteig steht er, weiss und rot leuchtend in der Dunkelheit, doch warum steht er gerade hier? Warum hat die Station Praterkai, sorry, Wien Praterkai, einen Selecta Automaten? Eine Haltestelle, an der noch nicht einmal wirklich etwas stehen bleibt und wenn, dann nur für Menschen, die dort ohnehin wohnen oder arbeiten, die sich also gerne ihr Cola zu Hause aus dem Kühlschrank nehmen können? Wenn das Ding nicht so unpraktisch und fürs Fahrrad zu schwer wäre, ich wäre versucht es auf den Gepäckträger zu schnallen und nach Pamhagen oder Siegmundsherberg zu transportieren, zwei Bahnhöfe, an denen wir schon gehungert, gedürstet und an Koffeinmangel gelitten haben.
Verpflegung war heute kein Problem auf unserem Weg durch das Burgenland, teilweise auf Strecken, die wir vorher so noch nicht gefahren sind, kombiniert mit altbekannten Abschnitten über die Berge des Burgenlandes. Auch wenn wir den ganzen Winter über fast nur in der Ebene unterwegs waren, geht auch so eine Tour mit fast 1000 Höhenmetern noch ziemlich problemlos. Gut zu wissen, denn im Urlaub steht uns sowas auch bevor. Die Hügel sind zu Ende sobald wir in Rattersberg-Kőszeg Österreich verlassen, wie gehabt auf einer Strecke, die es gibt und gleichzeitig auch nicht gibt, über den früheren Grenzübergang. Das alte Gebäude der Grenzstation ist ein richtiger „lost place“, der aber nicht so wirklich „lost“ ist, denn er scheint keinem Menschen abzugehen. Die letzten Meter zur Grenze führen durch ein Fahrverbot, aber auch das stört niemand, und über eine Grenze, die niemand mehr bewacht.
Wenige Kilometer danach bemerken wir, dass wir uns nicht so lange bei Kuchen in Oberpullendorf und an der Grenze aufhalten hätten sollen. Dann hätten wir nämlich in Kőszeg noch die frisch renovierte ehemalige Synagoge besichtigen können, die bis 18 Uhr geöffnet ist. Wir waren um 17:50 vor dem Tor, da zahlt sich das nicht mehr aus. Die Innenstadt lädt noch zu einer kleinen Rundfahrt ein und sie lädt uns vor allem zu einem weiteren Besuch ein. Wann hat man schon die Gelegenheit eine Tour durch eine Filmkulisse zu machen? Die Altstadt mit ihren niedrigen Häusern und ihrem Kopfsteinpflaster könnte man sich gut in einem historischen Film vorstellen und man müsste weder grosse Umbauten vornehmen noch Touristenmassen daraus vertreiben, so beschaulich und verschlafen wirkt sie. Auch Kőszeg kommt auf die schon viel zu lange Liste der „wollen wir uns bald mal genauer ansehen“-Städte.
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