Tag 6: Kež­ma­rok – Nowy Sącz

⌴ 104km ⋅ ↗ 561hm ⋅ ↘ 884hm ⋅ ⤓ 288m ⋅ ⤒ 961m ⋅ ◷ 6:45:13  ⋅ Σ 624km

Ein wei­te­res Mal geht es auf fast 1000 m hin­auf, was aber. nach mehr klingt als es ist, schliess­lich star­ten wir ja schon auf über 600 m Höhe. Es gibt auch nur zwei nen­nens­wer­te Stei­gun­gen und dann wird man mit einer lan­gen Abfahrt belohnt und lan­det beim Čer­vený Klá­š­tor, dem “Roten Klos­ter”, das im 14. Jhdt. als Kart­häu­ser­klos­ter gegrün­det wor­den war und seit­her eine lan­ge und wech­sel­vol­le Geschich­te erlebt hat. Unter Joseph II wur­de es auf­ge­las­sen, ist danach ver­fal­len und wird jetzt wie­der restau­riert und als Muse­um genutzt. Man kann es besich­ti­gen, was wir aber nicht tun und uns statt­des­sen auf den Rad­weg in Rich­tung Polen begeben. 

Der “Rad­weg” ist eine schma­le Stras­se durch die Schlucht, die der Fluss Duna­jec hier durch die zer­klüf­te­ten Pien­i­ny, die “Kro­nen­ber­ge”, gegra­ben hat. Auf dem Weg zie­hen Kara­wa­nen von Rad­fah­ren­den und Wan­dern­den mit Kind und Kegel in bei­de Rich­tun­gen, die etwa 10 km dürf­ten bei den Feri­en­gäs­ten hüben und drü­ben der pol­nisch-slo­wa­ki­schen Gren­ze ein belieb­ter (Rad-)Ausflug sein. Wir haben noch nie sol­che Mas­sen an Freizeitradler*innen gese­hen und das Mit­ein­an­der funk­tio­niert nur, weil es hier nie­mand eilig hat und alle nur den Fluss und die atem­be­rau­ben­de Schlucht sehen wol­len. Noch mehr Ver­kehr als auf dem Weg ist auf dem Was­ser. Man kann in der Slo­wa­kei ein Raf­ting­boot oder ein höl­zer­nes Floss bestei­gen oder auch ein Kajak mie­ten und wahl­wei­se noch kurz vor der Gren­ze oder dann wei­ter fluss­ab­wärts in Polen wie­der an Land gehen, wo eine*n dann Taxi, Klein­bus oder von Kalt­blut­pfer­den gezo­ge­ne Fuhr­wer­ke wie­der zurück an den Aus­gangs­ort brin­gen. An man­chen Stel­len ist der Ver­kehr der Flos­se und Boo­te so dicht, dass man schon fast Block­ab­fer­ti­gung ein­füh­ren müsste.

Wir fol­gen dem Duna­jec wei­ter bis in unse­re heu­ti­ge Stadt, Nowy Sącz, eine Stadt, die aus­ser einem pol­ni­schen Namen auch einen unga­ri­schen, einen slo­wa­ki­schen, einen deut­schen und einen jid­di­schen trägt. Im Mit­tel­al­ter und wäh­rend der Blü­te­zeit Polens im 16. Jhdt. war es eine wich­ti­ge Han­dels­stadt und Zen­trum der Refor­ma­ti­on (möch­te man gar­nicht glau­ben in einem Land, wo Papst Johan­nes Paul II an jeder Ecke ein Denk­mal gesetzt ist). Die Stadt ist und wur­de im Ver­lauf der Jahr­hun­der­te mehr­fach abge­brannt. Nach der Tei­lung Polens, gehör­te sie zum habs­bur­gi­schen Galizien. 

Wäh­rend die­ser Zeit und in der kur­zen Zeit der pol­ni­schen Repu­blik der Zwi­schen­kriegs­zeit war Nowy Sącz ein jüdi­sches Zen­trum mit etwa einem Drit­tel jüdi­scher Bevöl­ke­rung. Nur weni­ge davon haben die Sho­ah über­lebt, das gesam­te Ghet­to Neu-Sadec für 20.000 Men­schen wur­de im Som­mer 1942 ins Ver­nich­tungs­la­ger Bel­zec depor­tiert. Heu­te erin­nert noch die Syn­ago­ge aus 1746 an die jüdi­sche Geschich­te der Stadt, seit knapp einem Jahr gibt es auch ein Sho­ah-Denk­mal mit den in Stein gehaue­nen Namen der Opfer. Und wer will, kann sich den Schlüs­sel für den rie­si­gen jüdi­schen Fried­hof am ande­ren Fluss­ufer bei einer dor­ti­gen Nach­ba­rin holen. Wir haben den Fried­hof nur von aus­sen umrun­det und die Dame nicht beim (ver­mut­lich) Abend­essen gestört, wir sind ja nur Tourist*innen.

Beim Weg­ge­hen fällt uns ein Klein­bus mit Kip­pah-Trä­gern auf, die in Rich­tung des Hau­ses mit dem Schlüs­sel gehen. Wir haben schon auf dem Weg hier­her mehr­fach hebräi­sche Schrift­zei­chen, Inschrif­ten und Hin­wei­se in Hebrä­isch und Jid­disch, gese­hen. Gibt es hier Geden­k­rei­sen und Erinnerungskultur?

Die Fotos

Die Stre­cke


Eine Antwort zu „Tag 6: Kež­ma­rok – Nowy Sącz“

  1. Maria Jäger

    Auf dem jüdi­schen Fried­hof liegt ein berühm­ter chas­si­di­scher Rab­bi­ner begra­ben, daher die vie­len Besucher.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Chaim_Halberstam

    Dan­ke für inter­es­san­ten Reisenberichte!

    Lie­be Grüße,
    Maria Jäger

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