Den Move von Székesfehérvár nach Pozsony haben die ungarischen Könige unfreiwillig gemacht, weil ihnen die alte Krönungsstätte abhanden gekommen ist. Wir hingegen sind die knapp 180 km bis ins heutige Bratislava freiwillig gefahren, also zumindest die zweite Hälfte. Die erste bis Györ muss man de facto selber fahren, wenn man eine halbwegs brauchbare Zugverbindung haben möchte, aber danach gibt es sowohl RailJet als auch Regionalzüge bis Wien.
Wir sind fast die ganze Strecke schon mal gefahren, den Teil vor Györ sogar erst letztes Jahr zum Balaton, aber nachdem wir in die andere Richtung unterwegs sind, erkennen wir kaum etwas von der Landschaft wieder und die Stadteinfahrt von Györ, die letztes Jahr natürlich die Ausfahrt war, müssen wir verdrängt haben. Zieht sich nämlich ziemlich, weil die Stadt sich offenbar in diese Richtung mehr ausgebreitet hat als in die Richtung, die wir sonst fahren, d.h. von der Donau kommend.
In Györ haben am Samstag auch die Geschäfte geöffnet, was man leider von den kleinen Orten im Landesinneren nicht sagen konnte. Das gibt mir aber Gelegenheit für eine Lobeshymmne an die Institution des Dohánybolt, die ungarische Version einer Trafik. Wir waren in den letzten Wochen so oft in einer Trafik wie in den letzten Jahren zusammengenommen nicht und das liegt nicht daran, dass wir angefangen hätten zu rauchen. Ein Dohánybolt verkauft nämlich nicht nur Tabakwaren, Zeitschriften und Trauerbillets sondern hat meist auch ein paar gekühlte Getränke und sowas wie ein Snickers gegen den Hungerast kriegt man dort auch. Vor allem aber haben diese Geschäfte vielfach ausgesprochen grosszügige Öffnungszeiten, wir haben auch schon in der Nacht um 22:45 noch schnell ein Cola für den Heimweg in so einem Laden gekauft. Ein Dohánybolt mit angeschlossener Greisslerei (oder umgekehrt?) hat diesmal nach 70 km unsere Durststrecke beendet und das war echt schon dringend!
Kurz vor Rajka werden wir von einem entgegenkommenden Radfahrer, ebenfalls in Rapha-Trikot und englisch sprechend, aufgehalten: ob es hier denn nach Györ geht? Er hätte versucht immer dem Fluss nachzufahren, aber irgendwo müsse er den verloren haben. Und wie weit es denn noch sei? Auf diese Art ist Radwandern tatsächlich noch so eine Art Abenteuer, wenn man ohne Plan und GPS einfach mal losfährt. Wir können ihn beruhigen, ersparen ihm aber die Details des Donauverlaufs in dieser Gegend. Wir hoffen allerdings, dass er ein brauchbares Licht dabei hatte, denn auf den 50 km, die ihm noch bis zum Ziel gefehlt haben, hat er das sicher brauchen können.
Bei Einbruch der Dunkelheit kommen wir in Bratislava an und gehen auf die Suche nach Essbarem. Der Rest der Stadt ist eher auf der Suche nach Getränken, gerne gehopft, gebrannt oder sonstwie alkoholisch und hat ausserdem uns gegenüber schon einen Vorsprung im Alkoholisierungsgrad. Leicht angesoffene Wiener und Engländer – so richtig abgegangen sind sie uns nicht in den letzten Wochen!
Ein letztes Mal ist es dann noch stressig geworden und da können wir noch nicht einmal was dafür. Der Hauptbahnhof von Bratislava ist nur rund 2 km von der Altstadt entfernt, die sind aber eher unerfreulich zu fahren auf Busspur und mit einmal Spurwechsel von ganz rechts nach ganz links über 3 Spuren. Egal, wir habens überlebt, waren rechtzeitig da und haben noch 2 Dosen Staropramen für den Zug gekauft. Und dann stehen wir in der möglicherweise hässlichsten Bahnhofshalle Mitteleuropas und starren auf die Abfahrttafel. Wo der 22:37 nach Wien abfährt, wird nämlich erst kurz vor Abfahrt bekannt gegeben. Ja, dieser REX fährt täglich um die Zeit nach Wien und es warten eh nur ein paar Dutzend Menschen darauf, aber die ZSSK macht es noch einmal spannend und gibt um 22:35 bekannt, dass wir tatsächlich auf Bahnsteig 2 abfahren. Das hatten wir uns eh schon gedacht, alle anderen Bahnsteige waren nämlich gerade belegt. 2 Minuten Zeit für einen halbvollen Zug Menschen um mit Gepäck, Kinderwagen oder in unserem Fall mit den Fahrrädern die Stiege zur Unterführung runter und auf der anderen Seite wieder raufzukommen. Das Dosenbier im Zug haben wir uns redlich verdient!
Und damit ist die Urlaubsreise 2023 zu Ende, die Katzen haben uns wieder und ab nächster Woche auch wieder der Alltag. Ich hoffe, dass ihr, liebe Leser*innen und Foto-Betrachter*innen die Reise ebenso genossen habt wie wir. Servus!
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