Ich kann es nicht leugnen: Wenn es auf einer Radtour regnet, sind wir Weicheier. Stundenlanges Fahren im Nassen ist einfach überhaupt nicht unser Fall und so suchen wir uns heute ein Alternativprogramm zu den ohnehin nicht sehr vielen Radkilometern nach Oświęcim. Die Fahrt ist nur eine Stunde mit dem Regionalzug, also geht es davor noch ins Museum und zwar ins „Schlesische Museum“, das Muzeum Śląskie in Katowice.
Dieses Museum feiert in wenigen Jahren sein hundertjähriges Jubiläum, besteht aber erst seit den 80er Jahren und erst seit rund 10 Jahren befindet es sich am gegenwärtigen Standort, einer ehemaligen Kohlegrube. Derzeit ist es wieder einmal Baustelle, weshalb wir auch nur 50% des Eintrittsgeldes zahlen müssen. Zum Glück ist es der Kunst-Teil der Ausstellung, der uns eh nicht so sehr interessiert, der derzeit umgebaut wird, die historische Ausstellung hingegen ist Stand April 2025 zugänglich und bis auf ein paar Gruppen von Schulkindern fast menschenleer. Auf dem Museumsplan sieht die Ausstellung aus wie ein Labyrinth, aber wenn man einmal drin ist, kann man sich nicht mehr verlaufen, nur noch in der Vielzahl der Themen verlieren. Denn wenn man dieser Ausstellung einen Vorwurf machen kann, dann ist es der, dass sie einfach zu viel zu erzählen hat: von den Anfängen in der Altsteinzeit bis zum Fall des Eisernen Vorhangs umspannt die Ausstellung mehrere Zehntausend Jahre, da bleibt nicht so viel Platz für das Mittelalter, wie man sich wünschen würde, oder auch für die Geschichte des Bergbaus. Dafür aber räumt man der Sozialgeschichte in den einzelnen Epochen ab dem 19. Jahrhundert einigen Raum ein und natürlich dem Thema der Schlesischen Aufstände kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Diese sind ein Thema, das in Österreich kaum bekannt ist, und allein deshalb schon interessant für uns, ich kann mir aber vorstellen, dass die Darstellung in einem deutschen Museum etwas anders aussehen würde. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs erhält reichlich Raum, auch wenn das Kapitel der Shoah etwas unterzugeht (vielleicht haben wir in Österreich hier aber auch andere Erwartungen an eine Ausstellung). In der Nachkriegszeit sind wir dann schon etwas müde, die Geschichte des zähen Kampfes gegen das kommunistische Regime aber sehen wir uns ebenso an wie die Alltagsgeschichte der Bewohner*innen Schlesiens, die in vielen Fällen in anderen Teilen Polens geboren waren und als Arbeiter*innen in dieser wichtigen Industrieregion gebraucht wurden. Viele neue Themen, viele Bilder und für diejenigen, die diese vielen Bilder nicht sehen können, scheint es auch ein museumspädagogisches Konzept für Blinde zu geben.
Und warum ist das Museum jetzt über 90 Jahre alt? Es wurde in der Zwischenkriegszeit in der autonomen Region Oberschlesien gegründet, hat sogar einen damals ultra-modernen Neubau erhalten und war 1939 kurz vor der Eröffnung. Das Museum als Symbol eines unabhängigen Oberschlesien wurde von der Wehrmacht vernichtet. Nach dem Krieg hatte die KP auch nicht viel Interesse an einem schlesischen Symbol und so wurde erst 1984 ein neuer, zögerlicher Anlauf gemacht. Nach der Wende hat man ausgebaut und beschlossen einen Museumsneubau zu wagen. Der wurde dann von einem Grazer Architekturbüro geplant, zu einem Teil von der EU finanziert und was dabei herausgekommen ist, kann sich sehen lassen: die neuen Gebäude spielen sich nicht in den Vordergrund, das alte Bergwerksgelände darf seine Klinkerbauten und Fördergerüste behalten, dazwischen jede Menge Grün und wer der Kunst und Geschichte Schlesiens nachspüren will, muss sich wie ein Kohlekumpel in den Untergrund begeben. Gefällt uns.
Die Fotos

























Die Strecken
Bewege die Maus über einen Track oder wähle einen im Control Panel aus …
Schreibe einen Kommentar