Eine wahrhaft biblische Tour war das heute. Zuerst sind wir 40 Tage bei 35 Grad durch die Wüste geirrt. Oder waren es 40 Grad und 35 Tage? Es war jedenfalls lang und sauheiss, auch wenn die Sau jetzt kein so biblisches Tier ist und wir keine Ahnung haben, wie heiss es im antiken Palästina oder im Zweistromland um diese Jahreszeit wirklich war. Wir stellen es uns sehr, sehr warm vor und die Farbe der Landschaft, die gelb-braunen abgeernteten Felder gibt es dort sicher auch. Der Schlange sind wir auch begegnet. Sie war knappe 20 cm lang und wir hoffen, dass sie die Begegnung überleben wird, ich habe sie nämlich voll erwischt. Mehr als das kleine Ringelnatterchen wenigstens vom Weg runternehmen und ins Gras legen und hoffen, dass sie nicht allzu schwer verletzt ist (der Unfall war auf einem Schotter-Sand-Weg), können wir auch nicht. Viel Glück, kleines Natterngezücht!
Nach der Wüste kommen wir in das Land, wo Bier und Honig fliessen (Zitat @uk), also nach Tschechien. In Břeclav waren wir ja schon das eine und das andere Mal, aber bisher war das Ziel immer nur das Eisgeschäft am Bahnhof und/oder einer der Supermärkte für ein Birell oder ein Cola. So müssen wir heute rechtzeitig daran denken *nicht* in Richtung Bahnhof abzubiegen und mit Maximalgeschwindigkeit die Hauptstrasse entlangzurasen (die Züge gibt es am Sonntag nur alle 2 Stunden, das macht schnell).
Stattdessen gibt es einen kleinen Spaziergang bei noch immer 30 Grad vom Hotel beim Schwimmbad ins Zentrum. Břeclav hat eine ehemalige Synagoge, die heute zum Museum und zur städtischen Galerie gehört, die aber nur bis 17 Uhr geöffnet ist. Vielleicht schaffen wir es ja ein anderes Mal rechtzeitig hier zu sein? Auch die Kirche kann man nur von aussen betrachten, drinnen ist Messe. Ist aber ein bemerkenswertes Gebäude mit einer sehr eigenwilligen Form, das erst in den 90er Jahren errichtet worden ist (vgl. Fotos). Deutlich älter ist das Schloss, vor dem wir jetzt bei Bier, Klobase und gegrilltem Hermelin sitzen. Dieses Bauwerk aus allen Jahrhunderten der mährischen Geschichte hat man im 19. Jahrhundert auf „romantische Ruine“ umgebaut und die ist es geblieben: sehr romantisch und sehr ruinös, falls jemals irgendwer auf die Idee kommen sollte das Bauwerk wieder in Schuss bringen zu wollen. Wir sind auch hier schon zig mal vorbeigefahren, aber den Innenhof haben wir erst heute gesehen.
Direkt neben dem Schloss befindet sich ein Biergarten, wo wir uns zu zwei Männern an einen der langen Tische setzen. Der eine arbeitet im Weinviertel und in Wien und der andere ist FM4-Hörer schon aus den Zeiten als das noch Blue Danube Radio geheissen hat und ist Fan von Nino aus Wien, den in Tschechien sonst aber niemand kennt. Nach dem sommerlichen Bier aus der benachbarten Brauerei (9 Grad, Durstlöscher mit dem überaus passenden Namen „Bajker“) folgen wir der Empfehlung der beiden und steigen um auf das Produkt der Craft-Brauerei aus der Umgebung (Frankies). Wenn es nicht schon so finster wäre, hätte ich ein Foto der „Speisekarte“ des Biergartens gemacht. Man kriegt hier 8 Sorten Bier vom Fass und Bier *im* Fass (25 oder 50 Liter, nein nicht zur Konsumation vor Ort), Gelsenspray und ca. 50 Schnäpse. Dem gegenüber ist die Speisekarte schlicht wie eine Bauhaus-Villa: es gibt Bratwurst, gegrillten Käse, eingelegte Knacker und diese genialen tschechischen Kartoffelchips mit Salz oder Paprika aus Plastiksackerln, die beim Aufmachen immer irgendwo zerreissen, sodass man die ganze Packung essen muss.
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