Wenn man von Nürnberg nach Regensburg mit dem Rad fahren will, gibt es mehrere mögliche Strecken. Die eine führt durch das Altmühltal und entlang des Rhein-Main-Donau-Kanals nach Kehlheim, wo man nur noch in die richtige Richtung die Donau entlang fahren muss um nach Regensburg zu kommen. Die andere Srecke geht weiter östlich über die angeblich sehr hübsche Stadt Amberg und dann nach Süden. Beide haben gemeinsam, dass sie entlang von Flüssen und Kanälen verlaufen und daher kaum Höhenmeter aufweisen, aber fast ein wenig zu lang sind für eine Tagesetappe, wo man nicht erst bei Sonnenuntergang im Hotel ankommen will. Aus diesem Grund nehmen wir einfach die Direttissima mitten durch, was zwar deutlich kürzer ist, aber über die europäische Hauptwasserscheide führt. Das heisst Höhenmeter, wir kommen bis auf rund 600 Meter rauf und dann wieder runter, allerdings nicht auf einmal.
Die Gegend, durch die wir uns heute bewegen, ist die Oberpfalz. Landschaftlich vergleichbar mit dem Mühlviertel oder Teilen des Waldviertels, sehr hügelig, sehr ländlich. Zentrum der Oberpfalz ist die Stadt Neumarkt, in der wir heute zu Mittag essen. Beim Durchfahren (mehr Zeit ist ja nicht), fragen wir uns, wie die Geschichte der Stadt wohl verlaufen ist, die Strassen sehen gleichzeitig historisch und ziemlich neu aus. Die Wikipedia gibt uns Recht: starke Zerstörungen im zweiten Weltkrieg und ähnlich wie Nürnberg ist auch diese Stadt mehr oder minder auf dem alten Grundriss wiederaufgebaut worden.
Und jetzt also Regensburg, wo wir in einem Hotel übernachten, das auf das 15. Jhdt. zurückgeht. Lift gibt es nicht, die Treppen sind aus Holz und schief, in jedem Stockwerk anstelle des sonst üblichen langen Flurs ein grosser offener Raum, von dem aus die Zimmer erschlossen werden, an der Decke ein massiver Eichenbalken. Gebaut für die Ewigkeit. Das kann man auch für die Regensburger Donaubrücke sagen, die seit Jahrhunderten allen Donauhochwässern trotzt. Sie verdankt ihre Existenz der ausgesprochen warmen und trockenen Periode es europäischen Hochmittelalters, in der es möglich wurde die steinernen Pfeiler im Flussbett zu errichten. Auch die frühe Gotik entstammt dieser Periode, ein besonders schönes, heute aber schon geschlossenes und ausserdem wieder einmal in Renovierung befindliches Beispiel für diese Architektur findet sich ebenfalls in Regensburg: der Dom. Bei der Betrachtung dieser Bauwerke wird man ganz klein, nicht, weil sie so imposant sind (das natürlich auch), sondern wegen ihres Alters: Brücke und Dom sind durch Wetter, Kriege und veränderten Bedarf ihrer Nutzer*innen in den Jahrhunderten seit ihrer Errichtung im 12. bzw. 13. Jhdt. noch immer vorhanden und in Betrieb. Was wird dereinst von unserer Zeit, dem 20. und 21. Jhdt. noch an Bauwerken zu sehen sein, so in etwa im Jahr 2700?
PS: bevor irgendwer mit klimapolitischen Relativierungen daherkommt, die warme Klimaperiode des Hochmittelalters ist mit der Klimakatastrophe des 21. Jhdts nicht zu vergleichen. Es ist heute noch wärmer und zwar global.
PPS: dieser Text wurde in einem Biergarten verfasst. Um 22 Uhr. Mit kurzen Ärmeln. Nein, das ist nicht vergleichbar.
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