Vor ein paar Tagen sind wir von Frankreich aus über die Grenze in die Wallonie gefahren und wäre die nicht auf der Karte des Navis eingezeichnet gewesen, wir hätten sie nicht bemerkt. Linke Strassenseite Belgien, rechte Seite Frankreich, quasi nicht erkennbar. Und auch sonst waren die Unterschiede sehr überschaubar. Heute sind wir wieder über eine Grenze gefahren, nämlich die zwischen der Wallonie und Flandern, also eigentlich nur zwischen den Regionen, aber für uns als Radfahrende ändert sich hier alles: wir befinden uns quasi in einer niederländischen Stadt mit Radwegen, Fahrradstrassen (mit Überholverbot für Autos hier in der Innenstadt), einer beeindruckenden Fahrradabstellanlage am Bahnhof und natürlich auch mit zahlreichen radelnden Menschen jeden Alters. Auch sonst fühlt es sich hier anders an, denn die sichtbare und hörbare Sprache ist Niederländisch und irgendwie wirkt auch die Stadt Kortrijk ordentlicher und sauberer als z.B. Mons. Anstelle von Schlaglöchern auf der Stadteinfahrt gab es heute einen tadellosen Bahnradweg fast bis ins Zentrum. Fast als wäre es tatsächlich ein anderes Land.
Kortrijk hat sowohl in beiden Weltkriegen Schäden erlitten, vor allem 1944 haben die Luftangriffe in der Innenstadt Lücken hinterlassen, die heute noch sichtbar sind als gänzlich andere Bebauung – nicht jedes dieser Häuser ist schön geworden, aber man hat auch vieles wieder aufgebaut. Schlachten um Kortrijk oder Courtrai gab es in den Jahrhunderten immer wieder, von der “Sporenschlacht” 1302, bei der Flandern seine Unabhängigkeit sichern konnte, bis ins 20. Jhdt. und oft hat man etwa den Beginenhof der Stadt reparieren oder wieder aufbauen müssen. So einen Beginenhof gibt es in einigen flämischen Städten, hier gab es endlich mal einen, in dem wir die einzigen waren, die das Gelände noch besichtigen wollten.
Nachdem heute unser letzter Tag in Belgien ist, kann man auch schon mal ein wenig Bilanz ziehen. Was hat uns gefallen, was weniger? Auf der Positivliste ist die SNCB, die belgische Eisenbahn. Regelmässige Verbindung, saubere Züge, und an vielen Bahnhöfen wird gerade gebaut. Ausserdem ein grosses Plus sind die hiesigen Spätis. Berliner*innen werden wissen, was gemeint ist: ein kleines Geschäft, das zu später Stunde alles anbietet, was man noch brauchen kann, also vor allem Schokoriegel, Alkohol, Chips, Getränke und Zigaretten. Dafür aber sperren die anderen Geschäfte schon um 18 Uhr zu und auf dem Land ist das mit dem Mittagessen manchmal ein wenig schwierig, denn – der grösste Minuspunkt – es gibt hier kaum Bäckereien, die uns in Frankreich sonst immer recht verlässlich mit Sandwiches versorgt haben. Das Bier tun wir auch dieauf die positive Seite, denn dafür, dass ich es nicht trinken darf, kann ja das Land nichts.
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