Tag 7: Nysa – Kłodzko

⌴ 82km ⋅ ↗ 472hm ⋅ ↘ 334hm ⋅ ⤓ 187m ⋅ ⤒ 374m ⋅ ◷ 5:14:42  ⋅ Σ 405km

Beim Ver­las­sen der Stadt erwischt uns das Hoch­was­ser. Eine Stras­se ist gesperrt, weil eine Brü­cke den Was­ser­mas­sen zum Opfer gefal­len ist. Dumm nur, weil wir genau dort fah­ren woll­ten, aber zum Glück steht ein Rad­fah­rer-Kol­le­ge am Stras­sen­rand, der weiss wo es lang­geht, wenn man in Rich­tung Kłodz­ko fah­ren möch­te. Er erklärt es uns zunächst auf Pol­nisch, dann mit Hän­den und Füs­sen und zu guter Letzt mit­hil­fe der Kar­te auf sei­nem Mobil­te­le­fon. Als wir noch immer ein wenig begriffs­stut­zig drein­schau­en, meint er „egal, ich zeigs euch“ (auf Pol­nisch) und fährt uns vor­an, weil man hat ja als Pen­sio­nist ohne­hin nichts ande­res zu tun. Als wir uns wie­der aus­ken­nen, bedan­ken wir uns und set­zen die Tour fort durch eine sehr dünn besie­del­te, gross­teils land­wirt­schaft­lich genutz­te Gegend. Das gilt zumin­dest für den Teil, den wir bewusst wahr­neh­men: Raps, Wei­zen, Kar­tof­feln, dazwi­schen Dör­fer, ver­bun­den durch abwech­selnd sehr rum­pe­li­ge und per­fekt gepfleg­te Neben­stras­sen. Wenn ich sage ‚per­fekt gepflegt‘, dann ist das auch so, das sind dann Stras­sen, die gera­de nagel­neu errich­tet oder restau­riert wor­den sind, aber wenn ich sage ‚rum­pe­lig‘, dann ist auch das genau so zu ver­ste­hen. Das ist dann rich­tig rum­pe­lig, mit Asphalt im Flecktarn­mus­ter vom jähr­li­chen Aus­bes­sern der Frost­schä­den, wobei die von 2024/25 noch der Aus­bes­se­rung har­ren und teil­wei­se ordent­li­che Schlag­lö­cher sind. Man soll­te also nicht dau­er­haft den Blick von der Fahr­bahn neh­men und die Land­schaft zu inten­siv betrach­ten. Das aber ist der Preis für die ver­kehrs­ar­me Stre­cke und den sind wir ger­ne bereit zu zahlen.

Heu­te Abend sind wir in Kłodz­ko, vor 1945 bekannt unter dem Namen ‚Glatz‘ und Namens­ge­be­rin des Armes der Neis­se, dem wir gera­de mehr oder min­der nach­fah­ren. Im Gegen­satz zu Nysa hat die Stadt den Zwei­ten Welt­krieg gut über­stan­den und Fes­tung und Alt­stadt laden zur Besich­ti­gung ein. Wir wan­dern vor­bei an alten Häu­sern aus preus­si­scher Zeit, besich­ti­gen die Kir­che und über­que­ren die Glat­zer Neis­se auf einer Klein-Aus­ga­be der Pra­ger Karls­brü­cke. Man war hier näm­lich in frü­he­ren Zei­ten näm­lich auch ein­mal böh­misch, dann unter der Herr­schaft der Habs­bur­ger und erst nach der Mit­te des 18. Jhdts. end­gül­tig preus­sisch. Dass Schle­si­en unter Fried­rich II. preus­sisch wur­de, ist auch so ziem­lich das ein­zi­ge, das wir in der Schu­le über die­se Gegend gelernt haben: ‚Fried­rich woll­te Schle­si­en haben und Maria The­re­sia konn­te nichts dage­gen tun‘. Ein bis­serl dürf­tig, fin­den wir, so als wäre die Geschich­te nur die der herr­schen­den Häu­ser und ihrer Besit­zun­gen, und nicht auch eine der Han­dels­we­ge nach Prag, Bres­lau und Wien, der Fami­li­en, der goti­schen Archi­tek­tur und der baro­cken Kunst, der Gefan­ge­nen der in ein Gefäng­nis umfunk­tio­nier­ten Fes­tung, des Zusam­men- und Neben­ein­an­der-Lebens von Volks­grup­pen und Sprecher*innen ver­schie­de­ner Spra­chen. Zur Geschich­te von Kłodz­ko gehö­ren lei­der auch die wie­der­keh­ren­den Hoch­wäs­ser, die den unte­ren Teil der Stadt ver­wüs­ten, aber irgend­et­was hat die Men­schen bis­her immer wie­der dazu gebracht die alten Häu­ser nach einem sol­chen Ereig­nis tro­cken zu legen, die Wän­de neu zu strei­chen, die Ein­rich­tung wie­der in die baro­cke Fran­zis­ka­ner­kir­che zu tra­gen und wei­ter­zu­ma­chen. Dies­mal war es aller­dings beson­ders schlimm, nach­dem es 1997 schon ein­mal beson­ders schlimm war. Pegel­stän­de, bei denen man im ers­ten Stock des Hau­ses nicht mehr vor dem Was­ser sicher ist, schei­nen uns unvor­stell­bar und dürf­ten auch eini­ge Schä­den ver­ur­sacht haben, die nicht so schnell repa­ra­bel sind. Der Wie­der­auf­bau der geschä­dig­ten Struk­tu­ren in der Stadt und in der gan­zen Regi­on wird vie­le Mil­lio­nen kos­ten und Jah­re dauern.

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