Manchmal gilt es einfach mal nichts zu sagen, wenn man nichts zu sagen hat. Wenn man z.B. spürt, dass einen die Versuchung überkommt auf Google Maps eine Bewertung fúr die KZ Gedenkstätte Auschwitz abzugeben, dann ist das so ein Moment. Die Goschn halten kann schwer sein, ich weiss. Es gibt aber Dinge, für die man keine Sterne vergibt. Was soll das sein, 5 Sterne für Auschwitz? Und eine Rezension schreiben für einen Ort, den in Worte zu fassen die Nachkriegsliteratur mehrerer Länder nicht geschafft hat?
Wir waren nicht in Auschwitz. Wir waren in Oświęcim. Das ist der polnische Name der Stadt, deren lange Geschichte komplett im Schatten des Konzentrationslagers steht. Polnisch, böhmisch, habsburgisch, galizisch und wieder polnisch ist diese Geschichte. Und jüdisch, vermutlich von Anfang an, auf jeden Fall aber seit dem 15. Jahrhundert. Es gab jüdische Schnapsfabrikanten und Hutmacher, unterschiedliche Richtungen in Religion und Politik, weitgehend friedliches Zusammenleben zwischem dem jüdischen und dem polnisch-katholischen Teil Bevölkerung, dennoch immer wieder die Angst vor anti-jüdischen Ausschreitungen. Diese Geschichte endet in den Lagern, Ghettos und den Schornsteinen der Krematorien, ja, auch denen von Auschwitz.
Das kleine jüdische Museum der Stadt Oświęcim zeigt die wenigen Reste, die nach dem Ende der NS-Zeit noch von der jüdischen Geschichte der Stadt übrig waren, vor allem aber zahlreiche Fotos. Gruppenbilder der jüdischen politischen Parteien, von traditionell bis zionistisch, eine Fotographen-Aufnahme zweier bester Freundinnen, Strassenszenen vom Markt, Bilder von ganz gewöhnlichen Leben, meist aus den 30er Jahren. Und plötzlich bekommt die Geschichte ein Gesicht, viele Gesichter. Dazu Briefe, die den verzweifelten Versuch des Judenrates dokumentieren irgendwohin flüchten zu können, Briefe und Postkarten aus Ghettos und Lagern, ein paar persönliche Gegenstände, eine Taschenuhr, die das polnische Kindermädchen einer jüdischen Familie bekommen hat. Dazu das, was man über die Biographie der abgebildeten Menschen weiss, oft nicht einmal das Todesdatum. Einige wenige haben überlebt, in Schweden, im KZ, in Grossbritannien, manche sind nach dem Krieg (oft illegal) nach Israel ausgewandert, auf Dauer zurückgekehrt ist niemand (zu den Gründen gäbe es einiges zu sagen).
Eine kleine Synagoge gibt es noch, es ist der hinterste Raum des Museums, eine Wand bis zur Decke gefüllt mit Gebetsbüchern. Diese letzte Synagoge in Oświęcim wird auch heute immer wieder für Gebete genutzt, von Besucher*innen der Stadt und des Konzentrationslagers.
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