Wären wir heute in die andere Richtung gefahren, wir hätten wohl umkehren müssen. Der Grund dafür wären mehrere Kilometer Stau gewesen, die sich auf der Nordseite der Niederen Tatra den Berg hinauf geschleppt haben. Wir haben von diesem Stau auch ein wenig mitbekommen, weil er ja nicht umsonst entstanden ist. Nein, garnicht umsonst, sondern vermutlich sogar ziemlich teuer, weil man sich entschieden hat die Strasse von Banská Bystrica nach Ružomberok neu zu asphaltieren, was man im Gebirge bekanntlich nur im Sommer machen kann. Bergauf haben wir nur etwa 5 km mit etwas engerer Fahrbahn, danach ist die neue Aspaltdecke im Grunde schon fertig und es fährt sich recht angenehm, auch nicht allzu steil, weil LKW-tauglich trassiert. Oben auf fast 1000 m über NN gibt es ein Skigebiet, Schlittenhunde, Paragliding, alpine Architektur und was man in einem entsprechenden Ort in Österreich auch hat.
Für uns gibt eine erste Pause, eine grosse Flasche Kofola und die ersten Schnitten des Tages, dann gehts wieder runter – in den ersten Baustellenbereich mit Ampel. Überholen kann man uns auf dieser Abfahrt nicht, denn die Bergauf-Spur ist über mehrere Kilometer eine stehende Kolonne, den einen giftgrünen PKW, der es dennoch versucht hat, merken wir uns. Wir begegnen ihm eine Stunde später unten im Tal als wir schon die zweite Packung Schnitten intus haben. Warum waren wir so viel schneller? Nun ja, wir müssen zugeben, dass wir uns nicht ganz an die Verkehrsregeln gehalten haben und an der Kolonne vorbeigefahren sind (auf der leeren Gegenfahrbahn). Und dann hat uns noch ein einheimischer Autofahrer darauf hingewiesen, dass ein paar Meter oberhalb der Strasse ein Radweg verläuft. Den hätten wir eh gesucht, aber nicht dort oben und offenbar haben wir die Ausfahrt verpasst. Es handelt sich nämlich um einen Bahnradweg auf der Trasse einer in den 70er Jahren eingestellten Lokalbahn in bosnischer (760 mm) Spurweite. Wenn man sich darunter jetzt einen Bahnradweg wie in Deutschland vorstellt, liegt man weit daneben: die Strecke ist geschottert und die Spurweite hat man auch im zweiten Leben der Strecke beibehalten, also eng, aber gut fahrbar mit 40 mm Strassenreifen.
Der Höhepunkt des Tages war dann etwas später Vlkolínec, ein Dorf, für das wir ein paar Kilometer Umweg und 200 weitere Höhenmeter in Kauf genomen haben. Die haben sich aber alle rentiert. Es ist wirklich malerisch gelegen und wenn man so ein Dorf sieht, weiss man warum sich der slowakische Widerstand gegen die Nazis in genau dieser gebirgigen Gegend konzentriert hat (vielleicht schreibe ich dazu auch noch ein paar Zeilen, aber nicht heute – ist eh schon wieder zu lang, dieser Text). Ein paar der alten, komplett aus Holz gebauten Häuser sind heute ein Freilichtmuseum, aber der Grossteil ist einfach ein slowakisches Bergdorf mit Vorgärten, unpraktischen Parkplätzen, einer Kirche und dem Gesang des Rasenmähers im Hintergrund. Wir besichtigen die Museumshäuser und die “Farm”, die ein paar Tiere zum Streicheln hat (Ziegen, Truthahn), ein paar, vor deren Bissigkeit gewarnt wird (Frettchen) und ein paar in Paprikasauce (Gulasch). Wir nehmen alkoholfreien Radler und unterhalten uns nett mit dem ‘Hüttenwirt’ und ein paar Spanier*innen, denen wir wahnsinnige Radfahrer*innen aufgefallen sind, die es bei der Hitze die Steigung hinauf geschafft haben. Uns sind sie widerum aufgefallen, weil sie mit einem spektakulären Einparkmanöver (12% bergauf, auf Schotter, rückwärts) den einzigen Schattenparkplatz weit und breit erwischt haben.
Die letzten 40 km waren dann im Vergleich nur noch langweilig, weil einerseits Wiederholungssendung vom Jahr 2021. Einen Unterschied allerdings gibt es: wir sind jetzt in der Hochsaison, damals waren wir im September unterwegs, bei deutlich niedrigeren Temperaturen und ohne all die Badegäste am Vah-Stausee.
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