Heute gehts es ums Wasser.
Radfahren in Timisoara und Umgebung kann auch ganz anders ausehen. Wie der Radweg entlang des Bega-Kanals zum Beispiel (Wasser 1). Die Bega ist ein Fluss von rund 250 km Länge, der in die Theiss mündet und dabei so gut wie kein Gefälle aufweist. Die Folge davon war lange Zeit, dass die Gegend entlang des Flusses ein einziger Sumpf war. Schon in den ersten Jahren nach der Übernahme des Gebiets durch die Habsburger am Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Fluss daher kanalisiert und erst dadurch entstand die fruchtbare Agrarlandschft links und rechts, die wir heute sehen als wir dem Kanal folgen.
Im Prinzip könnte man dem Kanal schnurgerade bis Zrenjanin enlang fahren und am Wochenende kann man das auch tatsächlich, auf einem ein wenig schmalen aber sonst sehr ordentlichen Radweg. Unter der Woche aber hat der Grenzübergang nicht geöffnet, was uns rund 25 km Umweg beschert. Der Grenzübergang, der auch unter der Woche offen hält, liegt in the middle of nowere und ist aus der Kategorie “einmal in der Stunde ein Auto” oder in unserem Fall zwei Fahrräder. Vorher Felder und Banater Dörfer, danach Banater Dörfer und Felder und wir sehen auf der ganzen Fahrt gefühlt so viele Autos wie uns gestern in Richtung Sibiu knapp überholt haben – in 10 Minuten.
Jetzt sind wir in einer recht hübschen Stadt mit einem kleinen Problem. Im Hotel glaubt Ulrich zunächst, dass er vergessen hat die Toilettenspülung zu drücken und holt das schnell noch nach. Das Wasser (Wasser 2) aber, das da nachkommt, hat die gleiche gelbliche Farbe und auch unsere Radtrikots sind nicht so staubig wie das Waschwasser suggeriert. Die Auflösung kommt von einem Schild an der Badezimmerwand: dieses Wasser darf man nicht trinken. OK, dann besorgen wir uns halt eine Wasser aus der Flasche und das ist es auch, was die Bevölkerung der Stadt macht seit sie denken kann, erzählt die Rezeptionistin. Das Problem ist nämlich keines des Hotels sondern eigentlich müsste das die Stadt beheben, kann oder will aber nicht und so kaufen alle Bewohner*innen seit Jahrzehnten Trinkwasser zum Trinken und Kochen. Zum Duschen ist es OK und ungefährlich. Das Wasser ist durch Arsen und Blei verunreinigt und die Versuche das zu beheben sind inzwischen Legion, aber noch immer kommt etwas aus der Leitung, das eher an einen dünnen Kamillentee erinnert als an normales Trinkwasser.
Nach dem Gewitter – die Gegend hier kann auch diese plötzlich über den Feldern entstehenden Wärmegewitter – machen wir uns auf zu einem Spaziergang durch die Stadt und zu Wasser 3: es gibt hier eine “trockene Brücke”, d.h. eine Brücke, die über eine Wiese führt. Das kommt daher, dass man in den 80er Jahren den Lauf der Bega verändert und eine Schleife des Flusses trocken gelegt und zu einem Park( und ‑platz) umgebaut hat, aber damals gab es schon seit 20 Jahren eine Brücke über den Kanal. Man hat sie stehen gelassen und langsam ein wenig verfallen. Inzwischen darf man sie nicht mehr betreten und die Stadt wollte sie auch schon abtragen lassen, aber das absurde Bauwerk aus Stahlbeton ist heute so etwas wie ein Wahrzeichen der Stadt – die Bevölkerung war dagegen, die Brücke bleibt.
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