Wer sich für Zeitgeschichte interessiert, muss in der Umgebung von Wien nicht weit fahren. Wenige Kilometer östlich der Stadt war ja vor einer Generation das Ende der westlichen Welt und der Eiserne Vorhang. Eigentlich ist eine Generation nicht wirklich lang und er hat auch nur wenig mehr als eine Generation lang Europa in zwei Hälften geteilt, aber ganz weg ist er noch immer nicht. Und ganz verschwinden soll die Erinnerung daran ja auch nicht, haben sich die Errichter*innen von Denkmälern diesseits und jenseits der heute fast unsichtbaren Grenze gedacht. Eines davon haben wir heute besucht.
Wir sind endlich einmal durch Andau zur berühmten Brücke von Andau gefahren, das heisst: eigentlich nicht zu *der* Brücke, sondern zum Nachfolgebau der Wiedererrichtung der Rekonstruktion aus 1996; die Brücke scheint nämlich nie lange zu halten, wenn man sie mal neu errichtet hat und wenn in dem Tempo neu gebaut wird, bekommt hier jede Generation von österreichischen und ungarischen Pionier*innen ein nettes kleines Projekt. Vor der Brücke auf der österreichischen Seite hat man einen Teil der Grenzbefestigungen, Stacheldrahtzaun mit einem Tor in der Mitte, stehen gelassen, die als Kulisse für den Franz-Antel-Film „Bockerer III – Die Brücke von Andau“ verwendet wurden. Dieser Rest Stacheldraht zeigt in Richtung Ungarn, „schützt“ also Österreich vor der „Gefahr“ jenseits des Einser Kanals. Was sich wohl die Geflüchteten, die in den letzten Jahren ebenfalls diese Brücke von Ungarn nach Österreich genommen haben, beim Anblick eines wenige Meter breiten Stücks dieser martialischen Befestigung gedacht haben? Das „Türl mit Seitenteilen“ der innenpolitischen Diskussion von 2015, hier steht es.
Zwischen dem Ort Andau und der Brücke kann man die „Fluchtstrasse“ besichtigen, die in den 90er Jahren mit zahlreichen Holz- und Steinskulpturen versehen wurde, erstere heute naturgemäss schon stark verwittert und auf der anderen Seite der Brücke verläuft der Radweg auf dem unasphaltierten Damm neben dem Einser Kanal und dann durch ein heute wegen des Regens eher matschiges Waldgebiet. Dahinter liegt einige Kilometer weiter die kleine Stadt Kapuvár, zu der ich auch noch etwas zu erzählen hätte, aber das mache ich ein anderes Mal, wenn wir da wieder hinkommen.
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