Heute hätten wir beinahe verschlafen, der Radiowecker hat uns verlassen. Dieser Radiowecker ist natürlich keines dieser analogen Radios mit Digitalanzeige und 9‑Volt-Block als USV, wie man sie früher gekannt hat, es ist eine App und diese App braucht WLAN. Das war aber nicht mehr da. Das Licht im Bad auch nicht. Und zum Frühstück gabs Nescafé Frappé und alles, was man auf dem Gasherd zubereiten kann – Stromausfall im ganzen Viertel.
Wir fahren über Sombor in Richtung Grenze und dann über die Brücke nach Kroatien, also zurück ins Schengen-Land und dann nach nur wenigen Kilometern auf einer ruhigen Landstrasse über eine zweite Grenze nach Ungarn. 3‑Länder-Etappen haben wir dann auch nicht so oft, das gehört erwähnt.
Entlang der ungarisch-kroatischen Grenze ist noch immer der meterhohe Maschendrahtzaun mit Stacheldraht zu sehen, der hier im Zuge der “Flüchtlingskrise” 2015 errichtet wurde. Was auch zu sehen ist, ist das finanzielle Gefälle zwischen Serbien, Kroatien und Ungarn und die Tatsache, dass hinter der Grenze der Weinanbau beginnt. Das erinnert uns daran, dass wir in Serbien keinen regionalen Wein probier haben – ein Fehler, den wir 1. bei Gelegenheit beheben werden und 2. in Pécs nicht noch einmal machen. Heute abend also kein Bier sondern ein Glas Wein zum Essen.
Bei uns hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Ungarn brettleben ist. Das liegt aber daran, dass wir hauptsächlich die Grosse Ungarische Tiefebene vor Augen haben, die ihrem Namen alle Ehre macht, und nicht die hügeligen Ränder wie das Stück, durch das wir heute nach Pécs fahren. Diese Landschaft macht mehr Spass als die weiten Ebenen der Batschka oder des Banat im Gegenwind zu durchfahren, auch wenn die in ihrer gefühlten Unendlichkeit auch ihren Reiz haben.
Pécs liegt am Hang einer Hügelkette, die Stadt ist daher schief für eine ungarische Stadt. Sie ist auch ausserordentlich schön, die Innenstadt komplett verkehrsberuhigt (Radfahren in der FuZo kein Problem), frisch renoviert und der zentrale Platz neu gestaltet. Wir verbringen den Abend beim Flanieren durch die Gassen und zum sehenswerten Bahnhof, probieren von der berühmten ungarischen Konditorkunst (Warnung: Dobos-Torte ist ohne Werkzeug nicht essbar) und lassen die letzten Sonnenstrahlen in einem Glas vom hiesigen Rosé am Széchenyi tér versinken. Gerüchte behaupten, dass es mehr als ein Glas war, aber das sind nur Gerüchte!
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