Zwischen Szombathely und Jennersdorf im Burgenland wechseln wir mehrfach die Seite und das ohne, dass irgendjemand unsere Ausweise sehen wollte oder unser Gepäck kontrollieren. Es war auch niemand zu sehen, der das hätte tun wollen oder können und nach der Wiederaufnahme der Grenzkontrollen in den letzten Jahren, zuerst nach 2015 und dann im Zuge der Coronakrise ist das wieder ein richtig gutes Gefühl. Wir fahren zwischen Feldern und Wäldern durch die Hügel, wo man zwar meist deutlich erkennen kann, in welchem Land man sich gerade befindet, aber für die Radfahrenden auf der Durchreise ist das nur noch von geringer Bedeutung.
Hier gibt es keine ungarischen Cliches mit Steppe und ewiger flacher Tiefebene und auch das Südburgenland hat einen anderen Charakter als die Gegend um den Neusiedler See, die wir sonst so gerne befahren. Alles ist hügeliger, waldiger, buckliger als im Norden, wo nur der Wind eine Herausforderung beim Radfahren darstellen kann.
Das Uhudler-Land präsentiert sich mit Buschenschanken wie aus der Heimatwerbung, die zwischen Kellerstöckeln stehen und den Eindruck eines belebten Freilichtmuseums erwecken. Hätte man nicht einen Zug von Graz gebucht und wäre es nicht 11 am Vormittag, man möchte sich in den Schatten eines dieser kleinen Häuser setzen und der Sonne beim Untergehen im Campari-roten Uhudler zusehen. Auch zur Schokolade und zum Schnaps ist es nicht weit und hätte man ihn uns verkauft, wir hätten die Semmeln zum Mittagessen statt mit normalem auch mit Vulcano-Schinken belegen lassen. Hätte, hätte, Fahrradkette…
In Gleisdorf enden derzeit die Gleise der S‑Bahn und der Schienenersatzverkehr nimmt keine Fahrräder mit. Wir müssen also aus eigener Kraft aus dem Tal der Raab (ja, das ist die, die in Györ in die Donau mündet) in das Tal der Mur wechseln. Rauf auf die Schemerlhöhe und dann die Lassnitzhöhe, dann runter und dann kann nicht einmal mehr ich den Weg verfehlen, der uns zu einem frühen Abendessen nach Graz und in den tschechischen Railjet nach Wien bringt. Im Genzland zwischen k. und k. rumkurven und dann mit dem tschechischen Zug in Wien aussteigen – ein Kurzurlaub in der ehemaligen Monarchie.
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