Tag 2: Eggenburg – Sigmundsherberg – Wien

⌴ 131.6km ⋅ ◿ 583hm ⋅ ◺ 744hm ⋅ ⤓ 158m ⋅ ⤒ 492m ⋅ ◷ 9:34:02  ⋅ Σ 216km

“Die ÖBB hätten das ja alles zuschütten wollen, denen war das ja alles nur im Weg”, aber zum Glück gab es eine engagierte Gruppe von Eisenbahnliebhaber*innen, die das nicht zugelassen haben. Einer davon ist Obmann des Trägervereins und zeigt uns die schönsten Stücke der Ausstellung im Eisenbahnmuseum in Sigmundsherberg. Es wäre ewig schade gewesen um den Rundlokschuppen und die anderen alten Betriebsgebäude am Bahnhof. Und natürlich auch um die heute noch voll funktionsfähige Drehscheibe, mit der wir eine Runde fahren dürfen. Ganz schön flott, so eine Drehscheibe, aber mit uns beiden ist sie auch etwas unterfordert, passt doch sogar die Lok der Baureihe 52 gerade noch drauf (“Puffer steht a bisserl über, aber es geht sich aus”), und die bringt leer mit ihrem Tender über 90 Tonnen auf die Waage. Was sie voll wiegt, ist nicht so wichtig, denn die 52er, die hier auf den Schienen steht, wird in Zukunft weder Wasser noch Kohlen brauchen, sie wird zum Schaustück und Denkmal. Die Fahrzeuge hingegen, die noch fahrbereit sind, haben einen Platz im Rundlokschuppen bekommen, wo es nach Farbe riecht und kistenweise Werkzeug herumsteht. Derzeit wird irgendetwas gelb lackiert, aber auch wenn das fertig ist, gibt es im Eisenbahnmuseum immer etwas zu schrauben, zu reparieren und auszubessern.

Sigmundsherberg ist aber keine reine Fahrzeugsammlung, eher im Gegenteil. Hier interessiert man sich auch für die Geschichte des Ortes, der Eisenbahnen der Gegend und für den Alltag in so einem Bahnhof. Und so findet sich hier nicht nur eine Ausstellung über das Kriegsgefangenenlager von Sigmundsherberg, in dem während des Ersten Weltkrieges Zehntausende v.a. italienische Kriegsgefangene untergebracht waren, auch eine ehemalige Sonderausstellung über den Vindobona ist im Erdgeschoss noch zu sehen. Vor allem aber gibt es unzählige kleinere Objekte aus allen Perioden: Lampen und Leuchten, Signale, Uniformteile und dazugehörige Vorschriften, alles, was man zum Fahrkartenverkauf benötigt hat, Telefone, Aschenbecher, ein historisches Stiegengeländer, ein paar Sitzreihen aus Waggons und Fahrkartenschalter, Schilder, Fotos, Zeitungsartikel und auch eine Ecke über die Eisenbahnergewerkschaft.

Wer in Niederösterreich mit geringen Mitteln ein kleines Eisenbahnmuseum betreiben will, muss politisch flexibel sein und mit der ÖBB, mit dem Bund und natürlich auch dem Land Beziehungen pflegen. Und so erfahren wir nebenbei noch eine ganze Menge über die Realitäten der österreichischen Politik, von dem wir hier aber schweigen müssen. Nur so viel sei gesagt: eine Flasche Kirschschnaps spielt eine zentrale Rolle dabei.

Falls jemand, der hier mitliest, sich erinnert, dass wir doch nach Jihlava fahren wollten: ja, wollten wir, aber das Wetter hatte gleich doppelt etwas dagegen. Zuerst war es gleich in der Früh eklig schwül und dann wären wir wohl kurz vor der Ankunft in ein böses Unwetter geraten und hätten eine sehr nasse Stadtbesichtigung gehabt. Da war es im Nachhinein eine gute Entscheidung, die wir da auf der Bank vor dem Bahnhof von Sigmundsherberg getroffen haben doch das Museum zu besuchen. Jihlava steht schon über 800 Jahre dort oben im Norden und wird das noch länger tun, aber das Eisenbahnmuseum von Sigmundsherberg hat nur von 9 bis 12 Uhr geöffnet und das schaffen wir sonst nie.

Die Fotos

Die Strecke

Fediverse-Reaktionen


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