Ein paar Kilometer nach Maastricht beginnt Belgien und zwar die Region Wallonie, d.h. der französischsprachige Teil des Landes. Es ist einer dieser Grenzübergänge, die wir so lieben: keine Schlagbäume, keine LKW-Kolonen, keine Grenzkontrollen, nur die Strassenbeschilderung sieht ein wenig anders aus und ist in einer anderen Sprache. Ach ja, und der Radstreifen auf der Strasse hört auch plötzlich auf, denn in Belgien hält man sich in Puncto Radinfrastruktur jeweils stikt an das, was das an die Region angrenzene Land mit der gleichen Sprache macht. In Flandern heisst das, dass man baulich getrennte, rot gepflasterte Radwege baut, in der Wallonie hiesst es vielfach nicht viel. Wenn eine Nebenstrasse vorhanden ist oder ein ehemaliger Hafen am Fluss – gut, dann nehmen wir den. Radweg im Sinne der letzten beiden Tage gibt es aber kaum.
Wenige Kilometer nach der Grenze, die keine mehr sein will, kommen wir an der Stelle vorbei, an der die Maas, die hier Meuse heisst, einen Teil ihres Wassers an die hiesigen Kanäle abgibt und durch einen in den 1930ern, als man so etwas noch gemacht hat, gesprengten Felsdurchbruch westlich von Maastricht umgeleitet wird, während der eigentliche Fluss weiter unten im Tal Maastricht behübscht, aber nicht mehr schiffbar ist.
Wir bleiben heute grossteils am Ufer der Maas, die sich optisch kaum von einem Kanal unterscheidet: betoniertes Ufer mit Schiffsanlegen auf unserer Seite, Zug auf dem anderen Ufer und vor allem sehen wir auf der anderen Seite viel Industrie. Heutige Betriebe, d.h. z.B. Schotterwerke, aber auch malerische Industrieruinien in verschiedenen Stadien des Ver- und Zerfalls. Auch sonst merkt man die noch immer spürbaren Folgen der Deindustrialisierung der Wallonie: die Strassen haben Löcher, die Gebäude sind nicht so gepflegt wie in den Niederlanden, die ganze Region ist auch sonst sichtlich nicht so reich wie Flandern oder gar die Nachbarn. Auch die eine oder andere Gegend in Osteuropa hat die Wallonie inzwischen wirtschaftlich eingeholt und überholt. Flair aber hat man. Böse gesagt: Wenn mal wieder jemand eine Region gentrifizieren möchte, so findet sich in Liège garantiert das eine oder andere Objekt unter den malerischen Industriebauten mit grossen Fenstern und hohen Decken und den Häusern aus Backstein.
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