Ein Sommer wie früher ist das heute, da sind wir uns einig: 30 Grad, das war in unserer Kindheit die Temperatur, die noch aktive Sommergestaltung erlaubt hat. Darüber, bei 31 Grad konnte man nur noch baden gehen und bei 32 Grad war „Raumschiff Enterprise“ im kühlen Wohnzimmer angesagt. Bei 30 Grad fährt es sich auch heute noch recht angenehm Rad, vor allem dann, wenn die Route durch ein schattiges, ruhiges Flusstal geht, wobei sich das mit der Ruhe schnell relativiert, wenn auf der anderen Seite des Flusses wieder ein Güterzug vorbeidonnert. Das malerische Tal ist nämlich Teil der Bahnstrecke nach Pardubice.
Aus dem malerischen Tal wird wenig später ein noch schöneres als wir die uns bisher völlig unbekannte Landschaft des Mährischen Karstes kennenlernen. Ich gebe zu, ich bin ein Geographie-Noob und ich bin bisher davon ausgegangen, dass ganz Tschechischen auf der Böhmischen Masse sitzt. Das ist aber falsch, wie ich heute lernen durfte, die Böhmische Masse geht nur bis zur Linie Budweis-Brünn, während der ganz östliche Teil des Landes schon zum Karpatenvorland gehört. Dazwischen gibts auch noch was und in diesem Dazwischen ist eben der Mährische Karst, eine von Dolinen, Canyons und unzähligen Höhlen durchzogene und selbstverständlich unter Naturschutz stehende Landschaft, so schön, dass es uns fast peinlich ist, dass wir noch nie davon gehört haben. Viele andere Menschen haben aber davon gehört und sind zu Fuss oder mit Auto und Touristenzug unterwegs zu den Höhlen oder mit Wanderschuhen und Rucksack, mit Kind und Kegel oder Mountainbikes unterwegs im tief eingeschnittenen, schattigen Tal, in dem die Buchen ganz dünn, lang und gerade sind, weil sie sich so sehr nach der Sonne strecken müssen.
Nach dem Mittagessen geht es ein Stück steil bergauf. Keine gute Idee, das mit dem Mittagessen vor der Steigung, machen wir so nicht mehr. Oben hügeln wir durch eine Art Mühlviertel bevor durch den Wald es wieder bergab geht und wir uns an einem typisch tschechischen Ort ein typisch tschechisches Getränk (nein, nicht das, es war nur ein Kofola) kaufen. Dieser typisch tschechische Ort ist ein improvisiertes Bierlokal an einem imposanten Fischteich mit Strandsesseln und Tischen aus alten Kabeltrommeln. Es gibt 3 Sorten Bier vom Fass und wer Hunger hat, hat die Auswahl zwischen Kartoffelchips mit und ohne Paprika oder Softeis. Dazu gibt es ein barockes Schloss oben auf dem Hügel und wummernde Musik aus den Lautsprechern sowie Gegengewummer vom anderen Ufer des Fischteichs, wo so eine Art Feriencamp für Erwachsene stattfinden muss, stellen wir uns vor: Wandern und Mountainbiken, Zelten und Bogenschiessen tagsüber, am Abend Steckerlfisch grillen und vermutlich das eine oder andere Bier. Also fast wie für die Kinder, nur kriegen die halt Limo statt Bier.
Das Konzept „Outdoor-Urlaub“ schlägt hier das Konzept „Städteurlaub“ um Längen. Gestern war schon Brno eher ruhig für einen Freitagabend, heute ist Olomouc nicht viel lebendiger. Das liegt auch daran, dass man zwar am Platz neben dem Rathaus ein paar Bands spielen lässt, das Publikum hängt wegen der Hitze aber ziemlich in den Seilen. Das Zentrum von Olomouc ist nämlich so eine richtige Hitzeinsel ohne einen einzigen Baum, dafür aber mit durchgehendem Granit-Pflaster, das zwar hübsch anzusehen ist, sich aber ziemlich aufheizt. Bis dann über die Plötze mit ihren berühmten Brunnen und durch die barocken Gassen ein wenig Wind streicht und die Kühlung nicht mehr nur von 10-grádigem Bier und Unmengen Wasser kommt.
Schreibe einen Kommentar