Tag 8: Char­le­ville-Méziè­res – Fourmies

⌴ 69km ⋅ ↗ 541hm ⋅ ↘ 490hm ⋅ ⤓ 141m ⋅ ⤒ 298m ⋅ ◷ 4:15:56  ⋅ Σ 697km

Heu­te ver­las­sen wir die Flüs­se und fah­ren quer durchs Land auf den in Frank­reich glück­li­cher­wei­se so zahl­rei­chen völ­lig unwich­ti­gen, aber meist recht gut erhal­te­nen Neben­stras­sen. Es geht ein paar Hügel rauf, ein paar wie­der run­ter, ins­ge­samt aber gehen wir es wie­der gemüt­lich an, denn das Schla­fen auf der nicht vom DVD-gros­sen Häma­tom bedeck­ten Sei­te hat jetzt mein auch sonst etwas über­emp­find­li­ches Knie belei­digt. Dafür aber gibt es gute Nach­rich­ten vom Ell­bo­gen: die Wun­de ist verheilt.

Wir sind also nach einem Ein­kehr­schwung bei einem Super­markt (Bäcker hat­te schon Wochen­en­de) und knap­pen 70 km in Four­mies, einer Stadt von rund 11.000 Einwohner*innen. Um 1890 waren es schon mal 15.000, damals war hier ein Zen­trum der Tex­til­in­dus­trie mit zahl­rei­chen Fabri­ken. Mit die­sen Fabri­ken hängt es auch zusam­men, dass Four­mies zu einem wich­ti­gen Ort in der Ent­wick­lung der fran­zö­si­schen Arbeiter*innen-Bewegung und des Par­ti socia­lis­te wur­de. 1891 wur­de hier eine der ers­ten Mai-Kund­ge­bun­gen mit Streik und Fami­li­en­pick­nick für die Ein­füh­rung des 8‑Stun­den-Tages abge­hal­ten, die damit ende­te, dass die Armee in die Men­ge schoss und Dut­zen­de Demonstrant*innen getrof­fen wur­den. Neun haben den 1. Mai 1891 nicht über­lebt, bis auf einen waren alle Toten Jugend­li­che und einer sogar ein Kind von 11 Jah­ren. In einem der Pro­zes­se in den dar­auf­fol­gen­den Mona­ten wur­den meh­re­re Demons­tran­ten abge­ur­teilt, aber auch Paul Lafar­gue, der Schwie­ger­sohn von Karl Marx, als Anstif­ter des “Auf­ruhrs”. Er hat die Stra­fe nicht voll­stän­dig abge­büsst, weil er kurz nach dem Urteil zum Abge­ord­ne­ten gewählt wurde.

Wir haben bei einem aus­führ­li­chen Spa­zier­gang durch die Stadt kei­ne Spu­ren die­ser Geschich­te gese­hen, dafür aber einer­seits zahl­rei­che Häu­ser in schlech­tem Zustand, ane­r­er­sei­tes aber eine hübsch reno­vier­te Haupt­stras­se (auf dem Pla­kat zu den Arbei­ten gross­spu­rig als “hyper­cent­re” bezeich­net). Es gibt einen Bahn­hof, durch den gera­de ein gan­zer Güter­zug vol­ler Elek­tro­au­tos rat­tert als wir vor­bei­kom­men, man hat ein zen­tral gele­ge­nes Kino und gegen­über davon auch ein Thea­ter, das als Kul­tur-Mehr­zweck­hal­le dient. Das inter­es­san­tes­te Gebäu­de der Stadt wäre das “Muse­um für Tex­til und sozia­les Leben” gewe­sen (ja, das heisst wirk­lich so), das aber trotz der fran­zö­si­schen Vari­an­te des Tags des Denk­mals lei­der nicht län­ger offen hat­te und das auch mor­gen nicht plant. Es befin­det sich in eine alten Fabrik mit einem schie­fen Schlot, und der kur­ze Blick, den wir erha­schen konn­ten, hät­te schon Lust auf mehr gemacht, aber wir schaf­fen es halt lei­der nur in jedes drit­te Muse­um oder so, das uns inter­es­sie­ren würde.

Die Fotos

Die Stre­cke


Eine Antwort zu „Tag 8: Char­le­ville-Méziè­res – Fourmies“

  1. Molly

    Rei­sen bil­det. Auch wenn man sel­ber grad nicht reist und ’nur‘ euren Blog liest. Danke!

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