“Das war ja hier alles mal deutsch’, sagt ein älterer Herr am Nachbartisch beim Frühstück zu seinem noch ein wenig älteren Reisegefährten. In uns regt sich Widerspruch, aber eine politische Diskussion wollen wir uns vor dem Kaffee dann doch nicht antun. Die sprachliche, religiöse, politische und wirtschaftliche Realität der multikulturellen und vielsprachigen Liptau und Zips sind wesentlich komplexer gewesen als ein simples “alles mal deutsch” – und was heist schon “deutsch”? Hier in Kežmarok, wo wir heute übernachten war man z.B. bis ins 20. Jhdt. eine mehrheitlich deutschsprachige Stadt, die ihr Stadtrecht und diverse andere Privilegien dem mittelalterlichen ungarischen König verdankte, hatte ein evangelisches Lyceum, unterstand zeitweise ungarischen Adeligen, und war am wichtigen Handelsweg nach Polen gelegen.
Die wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt ist eine der berühmten hölzernen Kirchen der Gegend, die komplett ohne Metall und Stein errichtet wurden. Etwas ähnliches haben wir letztes Jahr in Jawor in Polen gesehen, auch dort waren es im Grunde Toleranzkirchen, d.h. diese Art von Kirche wurde von der katholischen Gesellschaft geduldet. Leider hat die hiesige nur Amtsstunden und die werden wir wohl kaum morgen in der Früh erwischen. Von aussen sieht das beige verputzte Kirchlein hier nämlich ganz unscheinbar aus, aber der Innenraum soll deutlich beeindruckender sein.
Garnicht unscheinbar hingegen sind die Tatra-Kurorte und ‑Skiorte, durch die wir heute gefahren sind. In Starý Smokovec hat man Hotels, die sich auch in Badgastein oder am Semmering befinden könnten. Štrbské Pleso hingegen ist eher vom Beton der lezten Jahrzehnte geprägt, soweit wir das sehen konnten, dafür aber liegt es auf über 1300 m und was das Panorama-Hotel seinen Gästen für die Zimmer mit Aussicht berechnet, wird nicht wenig sein. Hinauf kommt man, wenn man nicht wie wir die lange Steigung mit dem Rad bewältigen will, z.B. mit der Zahnradbahn oder einer Schmalspurbahn aus Poprad. Mit dem Auto geht natürlich auch, aber dann steht man bei jeder Baustellenampel und von denen gibt es heute beim Runterfahren wieder eine ganze Menge. Auch die im Hang verlaufende Landstrasse 537 mit sehr gemässigten Steigungen kann man nämlich nur im Sommer renovieren und das tut man gerade. Asphalt auf mehreren Kilometern aufrauhen, dann kommt irgendwann neuer drauf und bis dahin fährt man mit dem Fahrrad auf dem gerillten Untergrund in der Kurve wie die Nadel eines Plattenspielers auf einer LP. Nächstes Jahr wird das dann super, wenn der Asphalt ganz neue ist und es vielleicht auch wieder Leitplanken gibt.
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