Wir geniessen den Urlaub in vollen Zügen. Besonders voll war gleich der EuroCity von Wien nach Budapest, der ohnehin fast ausreserviert war, dann aber auch noch ohne seinen fünften Waggon in Wien eingefahren ist. Zum Glück waren unsere Plätze im zweiten (Fahrräder) und dritten, aber die Reservierungen der Schulklasse, die im fehlenden Waggon reserviert hatte, wurden spontan auf Stehplatz und Gangsitz downgegraded. Beim Durchquetschen ein Gefühl wie während meiner Studienzeit am Muttertagswochenende im IC von Bregenz nach Wien.
Szeged gefällt uns ausnehmend gut, auch wenn man die Lage auf den Hochwasserschutzdämmen an der Theiss nicht eben als malerisch bezeichnen kann. Die sind aber nicht zur Dekoration da, die Stadt hat schon Erfahrungen mit Hochwasser gemacht und die waren übel: im Jahr 1879 ist fast die ganze Stadt buchstäblich abgesoffen und so wurde sie in den folgenden Jahrzehnen fast zur Gänze neu in den damals modernen Stilen neu aufgebaut, d.h. im Historismus und Jugendstil. Man hat einen Ring, soll heissen einen halben, weil die andere Hälfte ja die Theiss bildet, sehr viel Grün in den Strassen und auf den Plätzen und einen Stadtpark auf dem ehemaligen Glacis. Ausserdem einen Dom im neoromanisch-neogotischen Stilmix, der im Inneren von oben bis unten bunt bemalt ist mit Heiligendarstellungen und Ornamenten. Die zweite grosse Glaubensgemeinschaft der Stadt hat ebenfalls nicht gekleckert sondern eine Synagoge hingebaut, die wir gerne auch von Innen gesehen hätten (falls jemand dort vorbeikommt: hat 10–16 Uhr offen, ausser an Samstagen (eh klar) und Montagen). Auch hier Romanik (rheinische), vom historistischen Baumeister mit italienischer Gotik verbunden und vom damaligen Rabbi in einen Park mit biblischen Pflanzen eingebettet.
Die Stadt liegt nicht weit entfernt von Rumänien und vom ehemaligen Jugoslawien, von wo ein Herr stammt, der uns während er auf seine Freundin wartet, im Scherz erzählt, dass er gleich 6 Sprachen spricht: seine Muttersprache Ungarisch, Deutsch (lange in Bayern gearbeitet), Kroatisch, Serbisch, Bosnisch, Montenegrinisch. Als die Freundin auf einem alten Damenrad dahergeklappert kommt, wird das Fahrzeug einfach hinter der Parkbank abgestellt (Schloss vergessen – wird schon keiner klauen) und sie verschwinden im Gewühl des Weinfestivals.
Dieses Festival ist eine rein ungarische Angelegenheit. Ausländische Weine gibt es garnicht und auch beim Essen ist der Gipfel an Internationalität bei der auch in Ungarn schon eingemeindeten Pizza erreicht. Frische Langos und Rosé sind also unser Abendessen – wenn schon mal endlich ein Rosé-tauglicher Abend ist, muss man das schon ausnutzen! Bezahlt wird auf dem Fest ausschliesslich mit Karte. Das Finanzamt freuts und wir verlassen morgen Ungarn mit 2000 Forint mehr als wir mitgebracht haben, denn Gläserpfand auf die Karte rückbuchen, das geht dann doch noch nicht.
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