Tag 11: Sze­ged – Gyula

⌴ 113.0km ⋅ ↗ 93hm ⋅ ↘ 91hm ⋅ ⤓ 74m ⋅ ⤒ 99m ⋅ ◷ 7:11:09  ⋅ Σ 1062.3km

Manch­mal hat man ein­fach Glück: beim Raus­fah­ren aus Sze­ged schau­en wir noch­mal kurz um die Ecke zur Syn­ago­ge, die ja lei­der an Sams­ta­gen und Mon­ta­gen geschlos­sen hat, und gera­de ist dort am Gar­ten­tor eine jun­ge Frau mit einem Schlüs­sel­bund zu Wer­ke. Ob heu­te doch geöff­net ist? Ja, aber erst in 5 Minu­ten, sie müs­sen erst alles auf­sper­ren und fer­tig machen. Gut, das war­ten wir doch ger­ne ab und dann dür­fen wir rein in einen Bau, der sowohl von der Aus­sen­sei­te als auch von Innen so völ­lig anders aus­sicht als das Pen­dant in Subo­ti­ca. Aus­sen His­to­ris­mus mit sowohl roma­ni­schen als auch goti­schen Ele­men­ten, innen mehr Jugend­stil, vor allem an den Fens­tern, und jede Men­ge Pflan­zen­mo­ti­ve. Der Bau selbst stammt vom berühm­ten Lipót Baum­horn, einem Fers­tel-Schü­ler, der in allen Tei­len der unga­ri­schen Hälf­te der Donau­mon­ar­chie Syn­ago­gen geplant und errich­tet hat. An der Innen­ein­rich­tung hat der dama­li­ge Rab­bi­ner, Imma­nu­el Löw, wesent­lich mit­ge­stal­tet und dass der ein Spe­zia­list für die Pflan­zen in der Bibel war, sieht man an den Wän­den und auch im Gar­ten, wo alle in der Bibel vor­kom­men­den Pflan­zen wach­sen soll­ten. Im Kli­ma von Sze­ged wach­sen die­se medi­ter­ra­nen Geäch­se wohl auch alle ganz gut.

Auch an einer zwei­ten Syn­ago­ge kommt man auf dem Weg noch vor­bei, doch die hat an Wochen­den­den und Fei­er­ta­gen gene­rell nicht geöff­net. Es han­delt sich um die Syn­ago­ge von Hód­me­ző­vá­sá­r­he­ly, die in den spä­ten 80er Jah­ren gera­de noch vor dem Ver­fall geret­tet wur­de und eine Gedenk­stät­te in der ehe­ma­li­gen jüdi­schen Schu­le gehört auch dazu. Sie ist von aus­sen deut­lich klei­ner, aber auch 50 Jah­re älter als die bei­den, die wir in den letz­ten bei­den Tagen gese­hen haben. Syn­ago­gen wer­den wohl zu einem zen­tra­len The­ma unse­rer Rei­se, denn auf der geplan­ten wei­te­ren Rou­te kom­men noch ein paar und nach­dem es bei uns aus den bekann­ten Grün­den ja kei­ne mehr gibt, müs­sen wir uns in die­sem Bereich auch ein wenig bilden.

Ansons­ten war die Fahrt eher lang­wei­lig, gera­de­aus in den Wind, auf einem meist erst­klas­si­gen, manch­mal aber ein bis­serl kaput­ten Rad­weg durch die Fel­der, vor­bei an Tank­stel­len und geschlos­se­nen Ein­kaufs­zen­tren. Der heu­ti­ge Pfingst­mon­tag erin­nert uns an so man­che Sonn­tags­kri­se im länd­li­chen Frank­reich, auch hin­sicht­lich Gas­tro­no­mie, die in Gyu­la näm­lich gene­rell sehr früh schliesst (Kur­ort!) und zu unse­rer übli­chen Essens­zeit gibt es nur noch ein Lokal mit Bur­ger. Die Kri­se ist sogar so schlimm, dass wir nicht ein­mal mehr ein Bier krie­gen und zum aller­ers­ten Mal in unse­rem Leben mor­gen die berühm­te Fra­ge “hat­ten sie etwas aus der Mini­bar?” beja­hen müs­sen. Sopro­ni Bier aus der Mini­bar – tief sind wir gesunken!

Die “Hun­dert­jäh­ri­ge Kon­di­to­rei” (Szá­zé­ves cukrá­szda) hin­ge­gen hat­te am frü­hen Abend noch geöff­net und ser­viert Scho­ko­la­de- und Zitro­nen­tor­te sowie einen tadel­lo­sen Capuc­chi­no und ein Säck­chen Kon­fekt zum Mit­neh­men. Wir haben an die­sem Pup­pen­stu­ben-Kaf­fee­haus eigent­lich nur aus­zu­set­zen, dass sie nicht 100 Jah­re alt ist, son­dern schon seit 1840 exis­tiert, also mehr als 180 Jah­re. Den Namen jähr­lich zu ändern ist aller­dings auch ein wenig unprak­tisch also neh­men wir es wie den Hun­dert­jäh­ri­gen Krieg oder die Hun­dert­jäh­ri­gen Eier als unge­fäh­res Zeit­mass. Tor­te und Kon­fekt sind die Ent­schä­di­gung für die ers­ten hun­dert und die letz­ten drei Kilo­me­ter der heu­ti­gen Tour. Da ist uns näm­lich das pas­siert, was wir zwei Mal erfolg­reich ver­mie­den haben: ein Wär­me­ge­wit­ter hat sich eh schon län­ger ange­droht und uns dann kurz vor dem Ziel noch ordent­lich erwischt. Damit ist Gyu­la jetzt Teil eines exklu­si­ven Clubs von Orten, an denen wir bis auf die Sitz­pols­ter nass gewor­den sind.

Die Fotos

Die Stre­cke


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