Aus Baja führt ein Radweg, der teilweise auf einer ehemaligen Bahnstrecke verläuft. Die Vorteile, die man sonst beim Fahren auf Bahnradwegen hat (weite Kurven, mehr oder minder gerade Strecke und vor allem geringe Steigungen) sind uns heute ziemlich egal, denn Steigungen gibt es den ganzen Tag nicht. Dafür aber Wind und der bleibt uns laut ZAMG auch weiterhin erhalten, also werden wir uns drauf einstellen. Was es auch gibt, sind kilometerlange Strassendörfer auf beiden Seiten der Grenze und eine sehr flotte Grenzabfertigung. Wir haben uns nämlich einfach ganz frech vorgedrängt, weil uns ja eh niemand in den (nicht vorhandenen) Kofferraum schauen will.
Der Bahnhof von Subotica sieht so aus als hätte man die dazugehörige Bahnlinie auch schon eingestellt. Das Gebäude ist irgendwas zwischen baufällig und Baustelle, und wenn da nicht die serbische und die ungarische Eisenbahn je ein Büro unterhielten – man würde den Bahnhof für einen “lost place” halten. Bis 2024 soll aber eine Hochgeschwindigkeitsstrecke bis Novi Sad fertig sein, gebaut von einer chinesischen Firma. Die andere Richtung, die nach Ungarn, baut eine russische Firma. Europa will ja nicht, also sucht man sich seine Investoren eben anderswo…, Falls aber bei der neuen Strecke auch renovierte Bahnhöfe dabei sind, dann sollte man langsam mal damit beginnen, denn da ist einiges zu tun. Ein Plätzchen für die getigerte Bahnhofskatze muss aber schon noch drin sein!
Das war jetzt der hässliche Part von Subotica. Der Rest hat uns ehrlich überrascht, denn die Stadt war eigentlich überhaupt nicht auf unserem Reise-Radar. Dass sie bis zum Vertrag von Trianon ungarisch war, sieht man ihr an allen Ecken an: nicht zu hoch gebaute, aber ansprechende Architektur der Jahrhundertwende, ungarischer Jugendstil inklusive. Das Rathaus und die Synagoge stammen vom selben Architektenduo. Die jüdische Gemeinde hat die Deportation von 4000 ihrer Mitglieder in die Vernichtungslager nicht überstanden, die Synagoge ist inzwischen profanisiert und kann besichtigt werden. Je nach unseren morgigen Frühstückszeiten können wir sie uns ab 10 Uhr anschauen – oder wir besichtigen die von Szeged, wohin es morgen wieder geht.
Was Subotica noch hat: Plätze mit Kaffeehäusern, Gastgärten unter alten Bäumen, die sich durch die ganze Gasse ziehen und ich fress einen Besen (mit Ajvar), wenn die um 22 Uhr schliessen müssen. Etwa 5 cm grosse Mini-Burek als Jause. Typen, die man aus dem Kaffeehaus-Gastgarten beobachten kann: die alte Dame mit exakt gelegten violetten Locken, zwei Arbeiter im Malergewand mit Eis auf einer Bank vor dem McDonald’s, eine Hochzeit mit irrsinnig lauter Blaskapelle und vierspänniger Kutsche, Kinder auf Rollern auf dem zentralen Platz vor dem Theater. Ausserdem erstaunlich viele Radwege, von der Grenze bis ins Stadtzentrum, wobei der erste Teil etwas ruppig war, aber immer noch besser als die stark befahrene Strasse daneben. Die älteren Damen mit dem Einkaufskorb fahren hier übrigens Elektro-Mofa 🙂
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