Tag 13: Kaunas & Białystok

⌴ 8.3km ⋅ ◿ 41hm ⋅ ◺ 20hm ⋅ ⤓ 31m ⋅ ⤒ 148m ⋅ ◷ 1:25:04  ⋅ Σ 753km

Durch ein kleines Missverständnis waren wir heute deutlich zu früh am Bahnhof, aber was macht man, wenn man 1,5 Stunden Zeit hat an einem Bahnhof, der noch nicht einmal ein Café hat? Richtig, man verlässt ihn gleich wieder und sucht sich einen interessanteren Ort in der Nähe. Hinkommen muss man halt mal, was nicht ganz einfach ist, denn die Strassen rund um den Bahnhof von Kaunas sind zu 100% mit dem Auto im Fokus geplant worden. Fussgänger*innen müssen in die Unterführungen und auf uns hat man gänzlich vergessen. Irgendwie kommt man dann doch über die Kreuzungen, aber das war erstens nicht ganz legal und zweitens sind derartige Aktionen in anderen Ländern angenehmer, wo man als Radfahrende*r entweder eine Art Artenschutz geniesst oder die Autofahrenden weniger motorisiert und dafür im Fahrstil etwas lockerer sind.

Wir lassen uns kurz im Ramybės Park nieder, einem ehemaligen Friedhof, der eine ganze Reihe Denkmäler aufweist. Friedhof war er bis Ende der 50er Jahre, doch dann wurde er zu widerständigen Aktionen genutzt (u.a. aus Solidarität mit dem Aufstand in Ungarn 1956) und so kamen die sowjetischen Machthaber zum Schluss, dass ein Park an dieser Stelle doch viel “schöner” wäre. Die Toten mussten umgebettet werden und bis in die 90er Jahre war hier nur Park. Inzwischen gibt es wieder eine Menge Gedenken, u.a. für die litauischen Opfer des Stalinismus. Rund 120.000 Personen wurden in den letzten Jahren des Stalinismus deportiert, die litauische Gesellschaft in den Jahrzehnten bis 1990, während der “zweiten sowjetischen Besatzung” komplett umgestaltet. Die Versuche sich selber zu befreien schlugen hier ebenso fehl wie in Polen, z.B. im Fall von Vilnius, wo Tausende polnische Untergrundkämpfer in sowjetische (!) Gefangenschaft gerieten. Diesen Kämpfern hat auch niemand gesagt, dass die westlichen Alliierten und Stalin schon übereingekommen waren, wo in Zukunft Polen liegen und was mit Litauen passieren würde. Was diesen Aspekt der Geschichte anlangt, so verblasst er für uns Österreicher*innen vor dem Hintergrund der Jahre 1941-44 regelmässig, aber vielleicht kommen wir ja wieder hier in die Gegend und dann schauen wir uns das genauer an.

Was war sonst noch? Wir sind mit dem Zug gefahren und zwar gefühlt wie zu Zeiten des Zaren mit zwei halbstündigen Aufenthalten zum Umspuren und zum Umhängen der Lok. Das “Umspuren” war kein richtiges Umspuren, das hätte ich ja noch irgendwie spannend gefunden, es war schlicht das Umsteigen *aller* Fahrgäste von einem breitspurigen Dieseltriebwagen der litauischen Eisenbahn in einen doppelt so langen Intercity der PKP und umgekehrt. Dass der litauische Breitspurzug seit Kaunas neben einem unbenutzten Normalspurgleis gefahren ist und dass die PKP vor einigen Jahren noch bis nach Kaunas ohne Umsteigen gefahren ist – egal. Die zweite halbstündige Pause gibt es, weil Suwałki einen Kopfbahnhof hat und unsere Lok deshalb vorne abgehängt werden muss um einmal um den Zug rumzufahren und am anderen Ende wieder angehängt zu werden, Bremsprobe inklusive, weil Sicherheit geht vor.

Aus Neugierde frage ich mal Google, wie lang man denn um 1900 von Warschau nach Vilnius gebraucht hat und bekomme eine der grossartigen “AI Overview” Antworten: damals sei man mit der Postkutsche mehrere Tage unterwegs gewesen und auch wenn es schon Züge gegeben habe, hätte auch das mehrere Tage gedauert. Das ist natürlich kompletter Blödsinn, um 1900 ist man schon lange nicht mehr mit der Postkutsche durch ganz Polen gezuckelt und eine Zugfahrt Warschau-Vilnius hat schon in den 1860er Jahren unter 15 Stunden gedauert. Liebe “AI Overview”, sag doch einfach, wenn du keinen Tau hast! 1900 jedenfalls musste man nicht den Zug zwischen Breitspur und Normalspur wechseln und sein Fahrrad runter und wieder raufheben. War ja alles Breitspur bis Warschau und ob es damals schon Fahrradmitnahme in der Eisenbahn gab, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich trau mich aber auch nicht googeln, sonst erzählt mir die “AI Overview” wieder Schmarrn.

Nach langem Sitzen im Zug gibt es in Białystok einen Spaziergang und ein Abendessen. Zu mehr reicht es heute nicht mehr.

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Fediverse-Reaktionen


2 Antworten zu „Tag 13: Kaunas & Białystok“

  1. @lechat Bestes "Katzenfoto" ever :masto_smile:

    1. @b2c @lechat Danke 😁

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