Tag 4: Roma – Roma

⌴ 33km ⋅ ↗ 290hm ⋅ ↘ 284hm ⋅ ⤓ 16m ⋅ ⤒ 66m ⋅ ◷ 7:38:30  ⋅ Σ 138km

Letz­ter Tag in Rom, einer die­ser letz­ten Tage einer Rei­se, die irgend­wie nur so halb Urlaub sind, halb Vor­be­rei­tun­gen auf die Rück­fahrt – als müss­te man da viel vor­be­rei­ten aus­ser Brot, Wein und Käse kau­fen und zum Bahn­hof fah­ren, aber so ist es jedes Mal. Die ers­te Hälf­te gehört noch uns und wir fah­ren noch ein­mal. mit den Rädern zum Kolos­se­um run­ter. Heu­te merkt man, dass ein nor­ma­ler Arbeits­tag ist, denn es ist viel mehr Ver­kehr und die Klein­trans­por­ter der Gas­tro-Lie­fe­ran­ten und die Taxis ste­hen auf der Via Cavour in zwei­ter Spur. Unten hat sich aller­dings wenig ver­än­dert, mei­ne Theo­rie, dass die Men­schen­mas­sen geschlos­sen am Sonn­tag Abend nach Fiumici­no fah­ren und Rom ver­las­sen, war wohl falsch. Oder es sind am Sonn­tag neue Men­schen­mas­sen ange­kom­men, so genau kann man das ja nicht sagen.

Auch auf den Stras­sen, die es nicht geben dürf­te, denen durch die anti­ken Stät­ten, ist heu­te viel mehr los als ges­tern, dafür aber ist der Anteil die Rad­fah­ren­den wie­der im ein­stel­li­gen Pro­mil­le­be­reich oder so. Wir hal­ten auf die Via Appia zu, die berühm­tes­te der Römer­stras­sen, die direkt aus dem Zen­trum der römi­schen Welt nach Brin­di­si geführt hat und eigent­lich noch immer mehr oder min­der im ori­gi­na­len Ver­lauf eine Stras­se ist. Berühmt ist sie nicht nur wegen der römi­schen Inge­nieurs­leis­tung son­dern auch, weil sie über etli­che Kilo­me­ter links und rechts von Grä­bern aus der Römer­zeit gesäumt ist. Dort wol­len wir aber heu­te nicht hin, unser Ziel ist ein ande­res Grab, das wir über eine Schlei­fe durch den Par­co del­la Caf­fa­rel­la errei­chen. Das ist ein Nah­erho­lungs­ge­biet für Hundehalter*innen, Läufer*innen und Mountainbiker*innen, ent­hält auch eine Art City Farm mit Pfau­en, Enten und Lamas und offen­sicht­lich gibt es auch Scha­fe, die die Wie­sen hier bewei­den. Irgend­wie so, als Gras- und Busch­land­schaft, stel­le ich mir die Gegend hier zu römi­scher Zeit vor. Kei­ne Ahnung, ob es hier damals tat­säch­lich so aus­ge­se­hen hat, aber es könn­te sein. 

Ganz sicher nicht so idyl­lisch ist ein ande­rer Ort nahe der Via Appia, die Arde­ati­ni­schen Höh­len. Hier hat am 24.3.1944 die SS 335 Män­ner erschos­sen, die sie in den Gefäng­nis­sen Roms “rekru­tiert” hat­te. Die­se Män­ner sas­sen dort nicht, weil sie Kri­mi­ni­el­le waren, son­dern viel­fach aus poli­ti­schen Grün­den oder als Juden. Die­se 335 Män­ner wur­den in die Höh­len gebracht und dort durch Genick­schuss getö­tet, als “Ver­gel­tungs­mas­senah­me” für ein Atten­tat der ita­lie­ni­schen Par­ti­sa­nen am Vor­tag. Zehn Ita­lie­ni­sche Gei­seln und Gefan­ge­ne für einen getö­te­ten Deut­schen, so lau­te­te die “Quo­te” und zum Schluss wur­den die Höh­len gesprengt. In der Nach­kriegs­zeit wur­de das Mas­sa­ker in Gerichts­pro­zes­sen ver­han­delt, in Fil­men the­ma­ti­siert und vor allem hat man aus den Höh­len ein natio­na­les Monu­ment gemacht. Die Höh­len wur­den frei­ge­legt und sta­bi­li­siert, die Lei­chen der Opfer exhu­miert und in einem Mau­so­le­um genann­ten Bau bestat­tet. Unter einer schwe­ren Beton­de­cke ruhen sie in Zwei­er­rei­hen in stei­ner­nen Sar­ko­pha­gen, auf den meis­ten ist oben ein Foto ange­bracht, vor vie­len ste­hen Kunst­blu­men. In Ita­li­en ist das Geden­ken an die­ses Mas­sa­ker und wei­te­re ähn­li­che heu­te noch leben­dig und wird u.a. an Schul­klas­sen wei­ter­ge­ge­ben, wie die vor uns in der Anlage.

Am Nach­mit­tag gibt es noch­mal inner­städ­ti­sches Kopf­stein­pflas­ter, Pro­vi­ant­ein­kauf, einen kur­zen Schwatz mit einem Herrn, der von Rom bis ans Nord­kap mit dem Rad gefah­ren ist, das in der Stadt aber nicht tun wür­de, weil Kopf­stein­pflas­ter, Fahr­rad­die­be, Ver­kehr. Und die­sen Ver­kehr ler­nen wir dann auf dem Rück­weg von der Vil­la Borg­he­se auch noch ken­nen. Gefühl­te Mil­lio­nen von Klein­wa­gen, Taxis, Blau­licht-Limou­si­nen und Bus­sen (Erin­ne­run­gen an Bel­grad wer­den wach) sind kreuz und quer durch die Stadt unter­wegs und ste­hen sich gegen­sei­tig im Weg. Vor allem aber ste­hen sie uns im Weg, denn wir wären eigent­lich schnel­ler, wären da nicht so vie­le Autos. Wir bewe­gen uns mit einer Hand­voll ande­rer Radfahrer*innen durch das Cha­os, immer nach der Devi­se: Blick­kon­takt, sich drauf ver­las­sen, dass der Mensch im Auto auch nur ein klei­ner Ange­stell­ter ist, der nur noch nach Hau­se will und ver­stan­den hat, dass er der lang­sa­me­re ist, Spur­wech­sel. Ampeln und Ein­bah­nen wer­den igno­riert, dafür aber beson­de­re Auf­merk­sam­keit auf die Bus­se, die nach der glei­chen Metho­de unter­wegs sind. Jeden Tag möch­te ich das nicht machen müs­sen, aber Rom hat wirk­lich Poten­ti­al für einen ver­nünf­tig aus­ge­bau­ten Rad­ver­kehr, man müss­te nur end­lich mal damit beginnen!

Die Fotos

Die Stre­cke


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