”November Rain” war das Thema des heutigen Tages, vom Aufstehen bis zur pünktlichen Abfahrt unseres Nachtzugs in Bruxelles Midi um 19:33. Und irgendwie war der Tag so melancholisch wie das Lied von Tom Waits, nasse Stiefel, Haufen toten Laubs und Krähen inklusive. Nur den knochenbleichen Mond haben wir nicht zu sehen bekommen, weil eben “November Rain” und der kommt halt mal aus Wolken.
Um die “Melancholie im November” komplett zu machen – was, der Schlager besingt den September? Warum, bitte, soll man im September melancholisch sein? Das ist doch der schönste Monat von allen! Um also die Melancholie komplett zu machen haben am Montag in Belgien alle Museen geschlossen. Also alle, die man sehen wollen würde. Es gibt schon noch eines in Brüssel mit alten Autos, aber was interessiert uns das? Alte Fahrräder, ok, aber Autos? Fällt also auch aus. Wir würden übrigens vorschlagen, dass Museen an regnerischen Montagen ausnahmsweise ab Mittag geöffnet haben. Dass Geschäfte am Sonntag nach Black Friday offen halten, ist ja auch kein Problem gewesen. Nur so mal eine Idee…
Ersatzprogramm also. Wir fahren mt der Strassenbahn. Modernes Niederflurmodell der Linie 93, das wir schon kennen. Man kann hier mit der Bankomatkarte Strassenbahn fahren, genauso wie in Brno. Karte an ein Bankomatterminal in der Tramway halten, *Piep*, wird abgebucht bis zum Preis einer Tageskarte. Sehr praktisch! Kriegen wir in Wien frühestens in 10 Jahren, weil immer spät dran und ausserdem: Datenschutz, denkt denn hier niemand an den Datenschutz?
Umsteigen in die Linie 81, die bis zum Rand des EU-Viertels fährt. Hochflurer diesmal mit Sitzen in Schnürlsamt, der so abgewohnt ist wie die Bürocouch bei der Fachschaft Informatik in den frühen 0er Jahren. Ein richtig nostalgisches Fahrgefühl auf durchgesessenen Sitzbänken in einem Braun, das man sich heute nicht mehr getraut zu tapezieren, und mit Beinabstand für frisch Verliebte. Weil es so schön war, sind wir mit dem selben Zug gleich wieder zurück gefahren. Der Blick geht durch regennasse und angelaufene Fenster (Wolfgang Ambros lässt grüssen) in Wohngebiete und kleine Einkaufsstrassen. Wir fahren an Baustellen vorbei, vielen Baustellen, an triefenden Marktständen, frisch verkehrsberuhigten Nebenstrassen, leeren Radwegen und vollen Autospuren, und an Bergen von Müllsäcken auf den Gehsteigen, die noch nicht abgeholt worden sind.
Beim Bahnhof Umsteigen in die Linie 51 Bahnsteiggleiches Umsteigen ist kein Problem, aber beim Wechsel über die Gleise ist Vorsicht angesagt, denn in der engen Kurve sieht man die von rechts kommende Tram kaum. Hat man das überlebt, muss man noch über einen Radweg, eine Taxispur und drei Busspuren – ohne Ampel auf einem abgefahrenen Zebrastreifen! Wir haben uns diesen Kick gleich zwei Mal gegönnt, auf dem Weg zum Kaffee im Bahnhof und zurück.
Die Linie 51 führt zum Friedhof, aber depressive Stimmung gibts heute auch im Rest der Stadt, also nehmen wir die Linie 62 zurück in die Stadt und steigen in die Linie 3 um. Der 3er ist eine “Pré-Metro”, was irgendwie viel moderner und urbaner klingt als “UStrab”, aber genau das ist: eine Strassenbahn, die einen Teil ihrer Strecke unterirdisch zurücklegt. Der Zug des 3ers ist extra lang, also so richtig lang, und man kommt auch in einer UBahn-Station an, d.h. man muss bei der Bezahlschranke wieder raus.
Der Rest ist Shopping, weil was soll man bei dem Wetter sonst schon gross anfangen?
Schreibe einen Kommentar