Von Trakai nach Vilnius sind es auf dem kürzesten Weg gerade mal 30 km. Da wir aber erst um 15 Uhr in unser Quartier können (wichtigstes Feature: Waschmaschine!), müssen wir nach dem Frühstück ein paar Stunden ummibiagn (für unsere nicht-österreichischen Leser*innen: Zeit totschlagen). Und wie geht das besser als auf dem Fahrrad? In einer weiten Schleife geht es durchs Hügelland und vorbei an dem einen oder anderen hübschen See. Hier ist im Vergleich zu den letzten Tagen schon mehr Verkehr, nämlich ganz typischer Stadt-Umland-Wochenend-Verkehr: aus der Stadt zum Einkaufszentrum, aus der Stadt zum Wochenendhaus, von Irgendwo zum Altstoffsammelzentrum mit Bauschutt und einem pinken Kinderfahrrad im Anhänger. Hoffentlich gibt es auch hier soetwas wie den 48er Tandler, wo sich jemand des Kinderfahrrades annimmt und es wieder fahrtauglich macht. Die Gegend hier braucht nämlich dringend Fahrradnachwuchs!
Nachdem wir in den letzten Tagen kaum einen Menschen auf dem Fahrrad und davon ganze zwei auf dem Rennrad gesehen haben, sieht das im Umkreis von Vilnius plötzlich völlig anders aus. Je näher wir der Stadt kommen, desto mehr kommen uns auf schmalen Reifen und mit stilsicher gewählter Trikot-Socken-Kombination entgegen. Einige davon auch in kurz-kurz, während wir heute Beinlinge und Windjacken ausgepackt haben und bei 15 Grad dennoch beim Mittagessen frieren. In den letzten Tagen ist es spürbar kühler geworden und ab morgen soll es auch noch zu regnen beginnen. Für uns ist das nichts, also flüchten wir in die Hauptstadt, wo man ausser radfahren auch noch etwas anderes tun kann. Man kann aber auch radfahren und hier tun das auch so einige am Radweg entlang der Neris, aber auch in der kopfsteingepflasterten Innenstadt. Sogar die in Wien so beliebten Essenszusteller mit ihren Fatbikes gibt es hier, und die benehmen sich genauso wie ihre Wiener Kollegen.
Von Vilnius haben wir heute noch nicht so viel gesehen, denn mehr als ein Spaziergang ist sich zwischen zwei Waschmaschinenladungen nicht ausgegangen. Im Vergleich zu den übergrossen Dörfern der letzten Tage ist Vilnius endlich einmal eine richtige Stadt und das schon lange. Es war Hauptstadt des litauischen Grossfürstentums, worauf man hier nicht müde wird hinzuweisen mit Denkmälern und sogar mit dem Wiederaufbau des Palastes. Ausserdem beherbergte es Jahrhundertelang eine sehr diverse Bevölkerung, war Zentrum des osteuropäischen Judentums ebenso wie der polnischen und der belarussischen Kultur – und das gleichzeitig. Heute ist die historische Innenstadt mit ihren zahlreichen barocken Bauten vorbildlich renoviert und weitgehend verkehrsberuhigt. Man kann sich beim Spazierengehen darin aber leicht verlieren, denn einerseits hat die Stadt ihren mittelalterlichen Grundriss weitgehend behalten und andererseits ist sie grösser als die Wiener Innenstadt. Von unserem Quartier im Süden zur Burg ist es schon ein “Hatscher”.
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