Tag 6: Zagreb – Kozars­ka Dubica

⌴ 133km ⋅ ↗ 231hm ⋅ ↘ 255hm ⋅ ⤓ 91m ⋅ ⤒ 143m ⋅ ◷ 8:29:53  ⋅ Σ 479km

Aus Zagreb wie­der raus­zu­fah­ren war bedeu­tend ein­fa­cher und ent­spann­ter als der Weg in die Stadt im gest­ri­gen Stoss­ver­kehr. Zuerst durch das Laby­rinth der Wohn­vier­tel, dann etwas, das mit sei­nen Glas­häu­sern und diver­sen Gewer­be­bau­ten an Sim­me­ring erin­nert und dann auf einem vor­bild­li­chen Rad­weg ins Umland. Ab hier ist es vor­bei mit der rad­fah­re­ri­schen Anar­chie, es kehrt wie­der geord­ne­tes Land­le­ben ein. Gemüt­lich schlän­gelt sich der Weg durch die von der Save geform­te Ebe­ne und nach­dem die kei­ne Sied­lungs­for­men vor­gibt, fin­den sich die Häu­ser ein­fach irgend­wo, d.h. meis­tens ent­lang der Stras­se. Die ein­zi­ge grös­se­re Stadt auf der heu­ti­gen Etap­pe ist Sisak und hier stellt sich für mich die Fra­ge, ob ich bei jedem der Orte, durch die wir durch­fah­ren, die Ereig­nis­se und Opfer­zah­len der letz­ten Krie­ge nen­nen soll. In Sisak wäre das ein von der Usta­scha betrie­be­nes Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger für Kin­der, in dem Tau­sen­de Kin­der ermor­det wur­den, in einem Teil der heu­ti­gen Gemein­de Kozars­ka Dubica befand sich eine Hin­rich­tungs­stät­te des KZ Jasen­o­vac, eben­falls Tau­sen­de Ermordete.

Wir fol­gen auf den ers­ten bei­den Drit­teln etwas, das sich Save-Rad­weg nennt und haupt­säch­lich aus spo­ra­disch ange­brach­ten blau-weis­sen Schil­dern besteht, aber ohne Navi nicht zu fin­den wäre. Meist geht es hin­ter dem Hoch­was­ser­schutz­damm durch die Dör­fer, ein­mal erscheint eine Gra­vel­pas­sa­ge unver­meid­lich. Die bringt uns einen Umweg von ins­ge­samt 10 km ein, denn der Weg endet buch­stäb­lich im Wald. Also zurück auf die Stras­se und über die Save, wir kön­nen es ja eh nicht ändern, wer­den es halt 133 km statt 123. Nach­dem wir die Save dann mit einer Fäh­re über­quert haben, wird die Gegend noch dün­ner besie­delt bis wir die letz­ten ca. 30 km gleich­sam durch ein ein­zi­ges Stras­sen­dorf fah­ren, ein sehr spe­zi­el­les Stras­sen­dorf aller­dings, denn hier steht mehr als die Hälf­te der Häu­ser leer und/oder befin­det sich in irgend­ei­nem Sta­di­um des Ver­falls. Leer ste­hen­de Häu­ser sind uns schon auf den Kilo­me­tern davor en mas­se auf­ge­fal­len, vor allem die alten Holz­häu­ser ent­spre­chen heu­te wohl oft nicht mehr den Ansprü­chen an Kom­fort und ste­hen leer, eini­ge aller­dings sind fach­kun­dig und lie­be­voll reno­viert wor­den und von Gär­ten mit Fei­gen- und Zwetsch­ge­n­baum sowie Pfingst­ro­sen umge­ben. Hier auf unse­ren letz­ten Kilo­me­tern aber sieht man das Resul­tat von weit rei­chen­den „eth­ni­schen Säu­be­run­gen“ im kroa­ti­schen Unab­hän­gig­keits­krieg: Rui­nen, leer ste­hen­de Häu­ser, kei­ne Infra­struk­tur mehr, ein Bezirk, der fast die Hälf­te sei­ner Bevöl­ke­rung ver­lo­ren hat, die nach 30 Jah­ren auch nicht mehr zurück­kom­men wird.

Auf der ande­ren Sei­te der Gren­ze, im ser­bi­schen Teil Bos­ni­ens, liegt Kozars­ka Dubica. Auch hier wäh­rend des Bos­ni­en­krie­ges Ver­trei­bun­gen und Kriegs­ver­bre­chen, alle Moscheen der Stadt gesprengt, dann gegen Ende des Krie­ges ein Ver­such der kroa­ti­schen Armee die Stadt zu beset­zen. Heu­te, fast 30 Jah­re spä­ter, gibt man sich hier sehr ser­bisch mit kyril­li­schen Let­tern und der ser­bi­sche Prä­si­dent lacht von der Pla­kat­wand. Die Moscheen sind wie­der auf­ge­baut, auch wenn die mus­li­mi­sche Bevöl­ke­rung nur noch einen Bruch­teil ihrer alten Zahl erreicht. 

Nach 130 km sind wir ein­fach nur noch müde, che­cken ins Hotel ein und suchen uns in der klei­nen Fuss­gän­ger­zo­ne ein Restau­rant. Mor­gen wer­den wir auf dem Weg nach Ban­ja Luka fest­stel­len, ob uns die­ser Teil von Bos­ni­en und Her­ze­go­wi­na gefällt. Auf­fal­len wer­den wir jeden­falls wei­ter­hin, denn mit dem Rad gefah­ren wird hier zwar, aber Rad­rei­sen­de haben wir heu­te kom­plett vermisst.

Die Fotos

Die Stre­cke


3 Antworten zu „Tag 6: Zagreb – Kozars­ka Dubica“

  1. @lechat Ah, ich hab inzwi­schen euren Arti­kel im Draht­esel gese­hen. Fein 😊

    1. @twobiscuits @lechat ui, jetzt bin ich enttarnt 😉

      1. @gudroot @lechat ich bin eher unfleis­sig beim draht­esel­le­sen weil alter argus­ak­ti­vist in recovery 😉

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