Tag 10: Bus­ko-Zdrój – Sandomierz

⌴ 99km ⋅ ↗ 284hm ⋅ ↘ 326hm ⋅ ⤓ 145m ⋅ ⤒ 279m ⋅ ◷ 6:18:44  ⋅ Σ 891km

Nach dem Früh­stück geht es zuerst wie­der ins Wein­vier­tel. Ein wenig hüge­lig, aber nicht zu sehr, durch Fel­der und ein paar Obst­plan­ta­gen, klei­ne länd­li­che Häus­chen, aber auch gros­se Höfe links und rechts der Stras­se. Die Gegend erscheint uns stark zer­sie­delt, an den Orts­rän­dern immer wie­der über­di­men­sio­nier­te Rie­sen­häu­ser mit gepflas­ter­ter Gara­gen­auf­fahrt und exakt gekürz­tem Rasen als eini­ger pflanz­li­cher Spe­zi­es hin­ter der Thu­jen­he­cke. Die mögen wir auch in Öster­reich nicht, die klei­ne­ren mit bun­ten Blu­men­gär­ten, Apfel­bäu­men, ein paar Toma­ten und Schau­kel­ses­sel auf der Ter­ras­se sind uns sym­pa­thi­scher und aus­ser­dem zum Glück zahl­rei­cher. Die Hüh­ner, die man bei den klei­nen Häus­chen immer wie­der sieht, haben hier ent­we­der Nar­ren­frei­heit oder es ist wirk­lich so schwer sie im Gar­ten zu behal­ten (Sadie mit Flü­geln?), wir haben nicht nur eines aus sei­ner Ruhe beim Stras­sen­rand­pi­cken auf­ge­schreckt. Kurz: wir sind hier auf dem Land.

Beim Mit­tag­essen wer­den wir von einer älte­ren Dame ange­spro­chen, die uns Eng­lisch reden gehört hat (stimmt nicht, aber viel­leicht kling­ts doch ein bissl ähn­lich, wenn man wei­ter weg steht und nicht alles ver­steht). Dafür, dass wir von Wien hier­her gefah­ren sind, wer­den wir für ver­rückt erklärt, dafür, dass wir bei die­ser Hit­ze noch 50 km nach San­do­mierz wei­ter wol­len, noch mehr. Es gibt ein Foto und zur Stär­kung ein gefüll­tes Crois­sant als Geschenk. Vie­len Dank nochmal!

Die 50 km sind bis auf eine Klei­nig­keit ereig­nis­los. Als wir ein­mal wegen der Bio­lo­gie an den Stras­sen­rand fah­ren, sehen wir, dass das da im Gebüsch raucht und kokelt. Das gehört so nicht. Wir über­le­gen, was zu tun wäre, als eine Flam­me aus dem Rauch her­aus­zün­gelt und sich über einen tro­cke­nen Ast her­macht. Wir zwei Aus­hilfs-Gri­sus aus Wien opfern zwei Was­ser­fla­schen und tre­ten die rau­chen­den Stel­len aus, aber eine dau­er­haf­te Lösung ist das wohl nicht, denn es fängt kurz danach wie­der an zu rau­chen. Da glimmt noch etwas unterm Laub. Zum Glück kom­men da zwei Män­ner in einem Lie­fer­wa­gen daher, die ver­spre­chen sich der Sache anzu­neh­men. Die kön­nen wenigs­tens Pol­nisch, was bei all­fäl­li­ger Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Not­ruf sicher hilft. Das Was­ser fül­len wir in einem klei­nen Dorf­la­den wie­der auf, wo jeder jeden kennt und der Ein­kauf als drit­te in der Schlan­ge ent­spre­chend lang dau­ert. Vor mir ein Gross­va­ter mit zwei Mäd­chen. Die Kin­der krie­gen Frank­fur­ter, Süs­sig­kei­ten und Eis und die­se graus­li­chen Aug­äp­fel von Trol­li, dann noch einen zwei­ten Satz Aug­äp­fel und dann gehen die Kin­der schon mal raus zum Auto. Der Gross­va­ter lässt sich dann noch eine klei­ne Fla­sche Wod­ka und zwei Bier ein­pa­cken – die Mädels sind wohl etwas anstren­gend und auf­ge­kratzt nach dem ers­ten Schultag 😉

Bis San­do­mierz fah­ren wir fast durch­ge­hend durch Apfel­plan­ta­gen. Teil­wei­se schon abge­ern­tet, oft hän­gen aber auch noch Früch­te an den Zwei­gen, man­che von den Plan­ta­gen sind offen­sicht­lich auch nicht mehr in Betrieb, aus­ge­wach­sen, nicht geschnit­ten und ver­trock­net. Von einer der alten Plan­ta­gen muss ich unbe­dingt einen Apfel „sam­peln“, aber auch bei den neu­en hät­te sich er Ver­lust für die Besitzer*innen ver­mut­lich in Gren­zen gehal­ten; bei den Auf­käu­fern in den Orten kriegt man 1 PLN (ca. 0,23 EUR) für das Kilo Äpfel.

Wir krie­gen Gus­to auf Apfel­stru­del oder Apfel­ku­chen, in San­do­mierz gibt es aber erst ein­mal ein Eis und dann einen Rund­gang durch die klei­ne Stadt am Zusam­men­fluss von Weich­sel und San, d.h. genau an der Gren­ze zwi­schen Zaren­reich und Habs­bur­ger­mon­ar­chie, aber auf dem rus­sisch beherrsch­ten Ufer. San­do­mierz war ein­mal eine wich­ti­ge Han­dels­stadt, ist fast 1000 Jah­re alt, hat einen Rynek, eine (ehe­ma­li­ge) Syn­ago­ge und eine gothi­sche Kathe­dra­le. Völ­lig zu Recht gilt sie als eine der schöns­ten Alt­städ­te Polens und ist lie­be­voll restau­riert. Bei der Erhal­tung der Alt­stadt hat mög­li­cher­wei­se die Bedeu­tungs­lo­sig­keit der Stadt nach den Tei­lun­gen Polens gehol­fen, nach denen die Stadt nun an der Gren­ze lag. Eine beschau­li­che Klein­stadt ist es auch heu­te, die meis­ten Restau­rants schlies­sen um 21 Uhr, was aber in Polen aus­ser­halb der gros­sen Städ­te nicht unge­wöhn­lich ist. Abend­essen ist hier frü­her als bei uns, für uns eine ziem­li­che Umstellung.

Die Fotos

Die Stre­cke


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