Tag 1: Salz­burg – Alten­markt im Pongau

⌴ 73km ⋅ ↗ 694hm ⋅ ↘ 293hm ⋅ ⤓ 418m ⋅ ⤒ 845m ⋅ ◷ 3:55:15  ⋅ Σ 73km

„Die Besit­zer der Fahr­rä­der in Wagen 15 sol­len sich drin­gend beim Zug­per­so­nal mel­den“ schnarrt die Durch­sa­ge in der West­bahn. Unse­re sind es nicht, wir sit­zen in Wagen 16, also igno­rie­ren wir die Durch­sa­ge, die wenig spä­ter wie­der­holt wird und kurz nach Amstet­ten noch ein­mal: „Zum letz­ten Mal: wem gehö­ren die Räder in Wagen 15? Wenn sich die Besit­zer nicht mel­den, stei­gen die Radln in Linz aus! Das is mir dann wurscht!“. Wagen 16 amü­siert sich könig­lich und mut­masst, was die Übel­tä­ter auf schma­len Gum­mi­rei­fen wohl ver­bro­chen haben: Ste­hen sie im Weg rum? Hat mal wie­der jemand sein Fahr­rad anstatt mit der vor­ge­se­he­nen Befes­ti­gung mit einem Fahr­rad­schloss ange­schlos­sen? Oder haben wir hier etwa Schwarz­fah­rer an Bord? Wir wer­den es nicht erfah­ren, denn in Salz­burg stei­gen genau die Räder mit uns aus, die schon die gan­ze Zeit in Wagen 15 gestan­den sind.

Salz­burg ist die ers­te Sta­ti­on unse­rer Flucht. Ja, anders kann man es nicht nen­nen, denn noch ein Wochen­en­de mit 35 Grad auf­wärts hal­ten wir nicht mehr aus. Einen Flie­ger nach Skan­di­na­vi­en zu neh­men, wie es gefühlt die Hälf­te unse­re Bekann­ten­krei­ses die­sen Som­mer getan hat – das geht aber auch nicht, loka­les Opti­mum hin oder her. Also mit der ers­ten Bahn nach Salz­burg. Das war die West­bahn um 10:38, die ers­te mit buch­ba­ren Fahr­rad­plät­zen, Fer­ra­gos­to ist kein Datum, an dem man spon­tan verreist.

Und was soll man sagen? Die lan­ge Fahrt hat sich schon beim Ver­las­sen der Stadt aus­ge­zahlt: fühlt sich in der Mit­tags­hit­ze küh­ler an als auf dem Weg zum West­bahn­hof 3 Stun­den vor­her. Ab da wird es nur noch bes­ser. Lang­sam fah­ren wir berg­auf, der Salz­ach fol­gend in ein enges Tal, das sich der Fluss mit einer Stras­se und eine Bahn­li­nie tei­len muss. Auf letz­te­rer kommt uns ein alter City­jet ent­ge­gen, einer von denen, über die ich auf der Stre­cke nach Mar­chegg immer so flu­che. Hier aber könn­te ich mir durch­aus vor­stel­len ein Fens­ter auf­zu­ma­chen und ein­fach nur in hin­aus­zu­stau­nen in etwas, das man in Frank­reich „Les Gor­ges de la Salz­ach“ nen­nen würde.

Ab Bischofs­ho­fen fol­gen wir dann der Bahn ins Enns­tal hin­auf, sehr gemäch­lich tras­siert, aber in Sum­me kom­men heu­te auf etwas über 70 km doch 700 Höhen­me­ter zusam­men. Ganz OK für eine Nach­mit­tags­tour. Und jetzt Alten­markt im Pon­gau. Oben. 22 Grad um 21 Uhr. Ich den­ke dar­über nach ein Shirt drü­ber­zu­zie­hen und mache mir Sor­gen, dass die Piz­za kalt wer­den könn­te. 19 Grad um 22 Uhr.

Alten­markt ist ein gemein­sam mit Zau­chen­see ein Zen­trum des Ski­sports. Merkt man in der Stadt ein wenig, aber jetzt im Som­mer ist weni­ger los. Tourist*innen sit­zen um 18:30 im Gast­gar­ten beim Abend­essen, wir wan­dern zur Tank­stel­le um ein Red Bull und um uns die Füs­se zu ver­tre­ten. Dann zurück zur hie­si­gen Kir­che. Gotisch mit bemal­tem Kreuz­rip­pen­ge­wöl­be und etwas, das ich bis­her noch nir­gends gese­hen habe: Jeder Sitz­platz in der Kir­che trägt ein Mes­sing­schild, in das mit einem Nagel der Name der dort sit­zen­den Per­son ein­ge­häm­mert wor­den ist. In mir kommt die Vor­stel­lung einer rie­sen­gros­sen Schul­klas­se auf, wo der X unbe­dingt in der ers­ten Rei­he, aber auf kei­nen Fall neben der Y sit­zen will, ver­schärft durch „WIR sit­zen hier schon seit 450 Jah­ren und das bleibt auch die nächs­ten 450 Jah­re so!“ Rund 500 per­so­na­li­sier­te Sitz­plät­ze in der Kir­che, aber kei­ne 500 Namen, denn wie in einem Gebirgs­tal üblich hat man hier nicht so vie­le ver­schie­de­ne Nach­na­men, wie uns auch ein Spa­zier­gang über den Fried­hof beweist. Die­ser Fried­hof ist rund um die Kir­che ange­legt und weil man im Gebir­ge bekannt­lich nicht viel Platz hat, sind die Grä­ber ver­gleichs­wei­se win­zig, wenig mehr als einen Meter lang. Wir fra­gen uns, ob man hier die Toten senk­recht bestat­tet, trau­en uns aber nicht uns dies­be­züg­lich an eine der älte­ren Damen mit Giess­kan­ne zu wen­den. Käme uns irgend­wie pie­tät­los vor zu fra­gen, ob der gelieb­te Ver­bli­che­ne sich jetzt bis zur Auf­er­ste­hung die Füs­se in den Bauch ste­hen muss.

Die Fotos

Die Stre­cke


Eine Antwort zu „Tag 1: Salz­burg – Alten­markt im Pongau“

  1. @jhleighhunt @lechat es war Fei­er­tag und nicht so viel los auf der Stra­ße. War also sowohl nörd­lich als auch süd­lich davon sehr ok. 

    Ich ver­ste­he aller­dings, dass auf einer Tafel emp­foh­len wird die­sen Teil des Tau­ern­rad­wegs mit Kin­dern bes­ser mit dem Zug zu machen.

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