Wir verlassen Tuzla auf einer der Hauptstrassen und finden hinter dem Vorort Gornja Tuzla den Traum eines Bergstrasserls: nicht zu steil, aber schön kurvig, etwas löchriger Asphalt, dafür aber kein Verkehr, d.h. wirklich keiner, denn wer da oben nicht zufällig wohnt, fährt da nicht rauf, und da oben wohnt man nicht. Schade, dass es nach rund 300 Höhenmetern schon wieder vorbei ist und wieder runter geht, aber höher sind die Hügel hier halt nicht.
Bevor wir zum Mittagessen in Čelić Halt machen kommen wir an einem der vergessenen Probleme Europas vorbei: an der Landstrasse stehen mehrere Geländefahrzeuge, der Wald ist mit gelbem Flatterband abgesperrt, auf dem ziemlich deutlich geschrieben steht, wonach man hier sucht: aus dem Bosnienkrieg übriggebliebene Landminen, von denen auch heute noch Abertausende im Boden, v.a. in der Föderation, auf Opfer lauern und auch heute noch werden immer wieder Menschen durch diese „Waffen“ verletzt oder getötet (vgl. https://en.m.wikipedia.org/wiki/Land_mines_in_Bosnia_and_Herzegovina). Es dauert ein paar Wochen oder vielleicht Monate ein Land zu verminen, aber noch 30 Jahre nach dem Krieg ist der Aufwand diese Minen zu entschärfen enorm. Immerhin sind sie inzwischen völkerrechtlich geächtet, aber ob sich daran jemand in der Ukraine oder im Irak gehalten hat?
Auf ein Schleichwegerl durch Wald und Zwetschgenbäume verzichten wir als wir an seinem Anfang ein Schild mit Totenkopf und für uns unlesbarem Text sehen. Wir wollen schuld daran haben, dass die Statistik Austria der Liste der Todesursachen eine hinzufügen muss. Der Rest der Tour ist dann aber unspektakulär: Burek und Mohnstrudel als Mittagessen wie in Stockerau, dann 80 km Gegenwind bis Vinkovci. Hier wohnen wir in einer alten Villa (haben wir uns nach 80 km Gegenwind verdient) unweit des Zentrums und sind begeistert: viel Grün im Park und auf dem zentralen Platz mit Kirche, reichlich Barock und jede Menge Bars, in denen am frühen Abend noch ein Kaffee oder ein Gläschen getrunken wird. Das Zentrum ist fest in der Hand der Fussgänger*innen und der Radfahrenden, letzteres ist angesichts der Topographie der Stadt (brettleben) und der weitläufigen Anlage nahe liegend. Ein paar Radwege fehlen halt noch zum Fahrradparadies, aber bis dahin fahren halt alle auf dem Gehsteig (ohne Licht, mit Mountainbike). Etwas ausserhalb befindet sich der Bahnhof, von dem aus man über Zagreb und Villach auch nach Wien fahren kann, was allerdings nur für grosse Freund*innen der Bahnreise empfehlenswert ist, denn 12 Stunden im Zug, da gehört mehr Liebe zur Bahn dazu als ich sie aufbringen kann.
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