Heute Sightseeing abseits des antiken Zentrum. Als erstes nehmen wir uns die Villa Borghese vor. Anders als der Name suggeriert ist das kein Haus sondern einer der grossen Parks der Stadt. Urspünglich ein Renaissancegarten, später zum englischen Landschaftsgarten umgestaltet (mit mediterraner Bepflanzung), zieht es an Tagen wie heute alle dorthin: die Läufer*innen, die Menschen mit Hund (ohne Leine, obwohl eigentlich Vorschrift, aber – vgl. gestern – mit den Vorschriften hat man es hier nicht so), ein paar Radfahrende und jede Menge Spaziergänger*innen. Touristisch erschlossen wird das weitläufige Gelände durch einen Verleih von Go-Karts, vor allem aber von zweispurigen, für 4 Personen geeigneten Fahrrädern, wie wir sie auch aus dem Prater kennen, nur dass diese Gefährte hier einen Elektromotor haben. Überhaupt fährt man hier in der Stadt gerne mit Motor und zwar mit dem eigenen. Die Innenstadt ist voll mit mehr oder minder fahrenden, vor allem aber mit stehenden Autos und wäre nicht ein erklecklicher Anteil der Leute mit Vespas aller Marken unterwegs, die Stadt ginge endgültig unter im Verkehrschaos. Man sollte sich allerdings nicht der Illusion hingeben, dass man hier mit dem Auto besonders schnell vorwärts käme, wir konnten mit den Falträdern relativ problemlos mit den Autos, Bussen und den wenigen E‑Bikes mithalten, nur die Vespas zischen an der Kreuzung an allen vorbei.
So gesehen nicht die allerschlechtesten Voraussetzungen für einen funktionierenden Radverkehr, wären da nicht: 1. das Kopfsteinpflaster, 2. die fehldenen Radwege und 3. die mindestens 7 Hügel. Man könnte es auch so formulieren: diese Stadt wurde 2500 Jahre vor der Erfindung des Fahrrades gegründet und warum sollte man da jetzt etwas überstürzen? Man hat ja immerhin einen recht netten Radweg entlang des Tibers gebaut, unten gleich beim Wasser, auf dem es sich sehr angenehm quer durch die Stadt radelt. Leider hat man dabei nicht bedacht, dass man irgendwann auch von diesem Radweg abbiegen muss und daher muss man dann das Rad ungefähr 3 Stockwerke hinauftragen um seinen Weg auf schwarzem Kopfsteinpflaster fortsetzen zu können. Welche Art von Rad würden wir hier wohl haben, wenn wir öfter durch die römische Innenstadt fahren müssten? Ein E‑Bike wegen der Hügel? Will man nicht 3 Stock hoch tragen. Ein Fully oder Fatbike wegen des Kopfsteinpflasters? Auch nicht ganz leicht. Ein Rennrad wegen des Gewichts? Naja, wer gerne mit sowas über die Freyung hoppelt… Ein Faltrad um es im Bus mitnehmen zu können? Hmmm, die Falträder waren nicht die allerschlechteste Idee, aber für jeden Tag? Wir würden uns für ein leichtes Hardtail mit breiten Reifen entscheiden oder ein Gravelbike.
Die Frage stellt sich aber eh nur theoretisch, denn wir sind ja schon, haben nicht vor uns hier niederzulassen und haben die Falträder dabei. Mit denen geht es zuerst also ausführlich durch die Villa Borghese und dann zum “Foro Italico”, dem ehemaligen Olympiastadion und den Bauten davor und daneben, die ein schönes Beispiel von faschistischer Architektur sind. Noch schöner, also “schöner”, ist die gleich daneben errichtete ehemalige Parteizentrale der Faschisten, die heute vom Aussenministerium verwendet wird. Ich verweise hier auf die Bilder, sonst wird mir der Text zu lang und wir haben heute ja auch noch andere Dinge zu berichten. Nach dem Faschismus am Tiber-Ufer gings ein Stückerl nach Norden zum Radweg-Testen und dann zurück in die Stadt. Auf der Höhe der Tiber-Insel tauchen wir aus dem Untergrund auf, soll heissen: wir tragen die Räder rauf, schlängeln uns durch die Gassen (Kopfsteinpflaster! und habe ich schon das Pistazieneis erwähnt?) und landen schliesslich auf dem Petersplatz, wo Hunderte Menschen in einer langen Schlange auf den Einlass warten. Wir waren schon vor 15 Jahren drin und da sich so schnell in der katholischen Kirche nichts ändert, verzichten wir auf dieses “Vergnügen” und lassen uns von der Menge weiter in Richtung der antiken Ruinen treiben. Zwischen den Bauzäunen, hinter denen jetzt aber wirklich endlich die dritte Metrolinie errichtet wird, taucht in den letzten Sonnenstrahlen das Kolosseum auf.
Und damit nicht der Eindruck entsteht, dass wir hier nur rumhatschen und ‑radeln, soll auch noch angemerkt werden, dass auch das Abendessen in dieser Stadt durchaus etwas kann. Heute z.B. gab es unter anderem Kaninchen Dürüm-Style (in Alufolie), Pasta mit Butter und Sardellen und Wein aus dem umgebenden Latium. Und jetzt noch ein Blubberbad im Luxuszimmer – man gönnt sich ja sonst fast nix 😉
Schreibe einen Kommentar