Der erste Tag beginnt schon am 0. Tag um ca. 10 Uhr am Vormittag, aber das wissen wir noch nicht. Oben am Semmering entgleist zu diesem Zeitpunkt nämlich ein Güterzug und daraufhin entgleist der ÖBB ein wenig auch der Fahrplan auf der Südbahn, weil es da oben bekanntnlich keine Ausweichmöglichkeiten gibt. Es gibt Züge mit Schienenersatzverkehr, andere werden ersatzlos gestrichen und diejenigen, die darin einen Sitzplatz gebucht haben, werden ersucht doch einen der Züge zu nehmen, die noch fahren. Fahrradmitnahme? Keine Ahnung. Auf Schienenersatzverkehr mit dem eigenen Fahrzeug, d.h. auf den Semmering per Fahrrad, haben wir bei 30 Grad aber auch keine gesteigerte Lust.
Wir haben einen Railjet gebucht, der gestrichen wurde und fahren mal zum Bahnhof um zu schauen, wo wir unterkommen. Die schnellen Züge sind mit Verspätung und Schienenersatzverkehr unterwegs, aber ein D‑Zug nach Mürzzuschlag scheint der erste zu sein, der über die dann hoffentlich wieder offene Strecke fahren darf. Ihm folgt ein Railjet, in den wir mit Glück umsteigen können, was heisst, dass wir gutes Abendessen in der “Weinerei im Baderhaus” bekommen. Wenn wir ihn verpassen, müssen wir nehmen, was wir kriegen, sowohl bei Zug als auch Essen, dann ist die Küche zu. Und tatsächlich: bei jedem Halt kurzes Zittern, ob wir den Railjet vorbeilassen, aber wir sind die ersten seit dem Vormittag, die auf Schienen über den Berg kommen, der Railjet kommt uns hinterdrein und heute fragt mal niemand nach der Fahrrad-Reservierung. Dafür fachsimpeln wir ein wenig mit einem anderen Radreisenden, der es geschafft hat sein E‑Bike in einen Schienenersatzverkehr zu kriegen. Mit dem Rad nach Neapel, das wäre auch mal was…
Essen, Hotel, ein Gösser Zwickl (wir befinden uns schon im Einzugsbereich der Leobener Brauerei, in Wien habe ich das noch nie gesehen), ein Glaserl Wein: Abend gerettet.
Am nächten Tag geht es bald in der Früh nach Murau. Wir sind schon um 8 auf der Strasse um möglichst viele Kilometer vor der grossen Hitze zu machen. Ist aber eigentlich nicht nötig, denn unsere Strategie der Flucht vor der Hitze ist voll aufgegangen. Während Wien und Linz in der Hitze vergehen, haben wir nur 30 Grad und teilweise sogar eine beschattete Strecke. Die braucht man aber bei dieser Temperatur auch, denn es geht auffi und owi und auffi und owi, netto 300 Höhenmeter sind brutto fast 1200 – nicht jeder Flussradweg ist flach, dieser hier ganz gewiss nicht!
In Murau ist heute ein Fest/Flohmarkt in der Einkaufsstrasse. Es gibt Musik und Bier und Kunsthandwerk und Bier und gebackene Mäuse und Bier und auf dem Hauptplatz ist ein ganz banaler Tischtennis-Tisch, den ein lokaler Sporthändler aufgestellt hat, der grosse Renner unter den Kindern. Dass zwischendurch ein Gewitter runtergeht, stört die Festbesucher*innen nur insofern als es ihnen ins Bier regnen könnte, weshalb unter den gelben Murauer-Bier-Schirmen kein Durchkommen mehr ist. Uns fällt beim Durchgehen auf, dass es ausser uns nicht mehr viele Nüchterne in der Innenstadt gibt. Das werden wir in Kürze ändern und zwar direkt an der Quelle.
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