Da wollte ich eigentlich noch ein Addendum zum gestrigen Tag anfügen, weil man die Kriegsschäden in den Fassaden von Osijek bei Tageslicht und v.a. beim Verlassen der Stadt dann doch sieht. Die Fassaden in der Innenstadt ähneln diesbezüglich denen in Wien bis in die 80er, vereinzelt sogar sogar bis in die 90er Jahre, die ähnliche Schäden aufzuweisen hatten. Und dann kam Vukovar und es war eigentlich vergleichsweise nicht so schlimm. Hier sind die zerschossenen Fassaden noch deutlich zu sehen, auch die Löcher im Stadtbild an den Stellen, wo mal etwas gestanden hat und die nach dem Krieg schnell hochgezogenen Neubauten.
130 km auf mehr oder minder brettlebener Strecke klingt ja nicht schlimm, doch ganz so eben war die Strecke dann doch nicht. Auf der kroatischen Seite, auf der wir uns bis etwa Kilometer 89 bewegt haben, gab es immer wieder einmündende Flüsse, d.h. 6–10% Gefälle runter und gleich wieder rauf und auch ein Stück mit gänzlich fehlener Fahrbahndecke. Die habe vorher ausgesehen “wie a Schachbrett”, erklärt uns ein aus München stammender Bauarbeiter, spricht uns seine Hochachtung aus (“Reschpekt! 130 Kilometer Radlfoan, des war nix für mi”) und schickt uns rechts rum um die Baustelle, weil auf der anderen Seite “hast ja an jedem Schuh a Kilo Schlamm”.
Auch jenseits der Grenze herrscht rege Bautätigkeit. Nach Bačka Palanka ist man gerade damit beschäftigt den Asphalt abzufräsen und wenn ich mir so ansehe, was da heute trotzdem noch an Schlaglöchern übrig ist, dann möchte ich gar nicht wissen, wie diese Strasse vorher ausgesehen hat. In Deutschland nennt man solche Geländeformationen “Mittelgebirge”. Der Verkehr ist dicht, auch der der LKW, aber im Grossen und Ganzen lässt man uns leben, vor allem die LKW überholen wie es sich gehört. Nach rund 15 km fängt wieder der Dammradweg an und auf diesem kommen wir stressarm nach Novi Sad.
Eigentlich ist das eine vergebene Chance, wie auch der EV 6 insgesamt nach der österreichischen Grenze oder vielmehr seit Tag 2 unserer Reise, wobei die Route über Komarom oder Esztergom und Budapest auch ihre Macken hat. Fehlende Beschilderung (ich glaube nicht, dass man ohne GPS hier irgendwo hin findet, da kann mans auch gleich lassen mit den Schildern) und stark befahrene Strassenabschnitte machen das kaputt, was der EV auch sein könnte: keine historisch-politisch-verkehrssoziologische Expedition sondern ein Beitrag zur Verbindung der Völker und Landschaften Europas. Dass das derzeit nicht funktioniert, merkt man an der auch heute wieder nur einstelligen Zahl von Radreisenden.
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