Belgien hat zwar nur ein paar wenige Kilometer Küste, aber da das Land nicht sehr gross ist, profitieren weite Teile dennoch vom Küstenklima. Das bedeutet, dass man hier mehrmals am Tag nass werden kann und dazwischen die Sonne alles wieder auftrocknet. Für den Radverkehr ist das nicht gerade günstig, aber das Wetter unterscheidet Brüssel nicht von Amsterdam oder Antwerpen. In der Innenstadt überwiegt Steinpflaster als Strassenbelag, auch das mögen Radfahrende normalerweise nicht so gern, aber auch das Zentrum von Amsterdam ist gepflastert und keine*n störts. Warum also sind hier vergleichsweise wenige Menschen auf dem Rad unterwegs? Wir haben drei Gründe ausgemacht: erstens gehört Brüssel zum französischsprachigen Teil Belgiens und nachdem man in Belgien die Radinfrastruktur vom jeweiligen Nachbarn abschreibt (Flandern: dutch style, Wallonie: wenig bis nichts), gibt es hier nicht viel davon, und das wenige, das es gibt, ist uneinheitlich gestaltet. Wir hatten: baulich getrennte Radwege, Striche auf Gehsteigen, Sharrows neben parkenden Autos, niederländische Fahrradstrassen (wahlweise mit Buslinie in der Strasse oder in einer Nebenfahrbahn), Fussgängerzonen, Parkwege und Gehsteige. Es wirkt als hätte man aus allen EU-Staaten irgendwas übernommen und holpriges Kopfsteinpflaster drunter verlegt. Für Autofahrende hingegen ist die Stadt einfach zu nutzen und die Autos sind Grund zwei in unserer Liste: es gibt zu viele davon, sie fahren und parken einfach überall. Brüssel dürfte noch immer eine Autostadt sein, auch wenn der öffentliche Verkehr auf den ersten Blick recht gut ausgebaut erscheint und das E‑Bike erfunden ist. Das E‑Bike würde gegen Grund drei helfen, die Topographie der Stadt auf den Hügeln beidseitig des Tals der Senne. Treppen und abschüssiges Kopfsteinpflaster und sogar einen Lift gibt es im Zentrum, zum Glück mehr Asphalt weiter draussen. Soweit unsere Eindrücke vom spätherbstlichen Radfahren in Brüssel, das sich nicht so sehr von Wien unterscheidet.
Nachdem das Wetter heute stabil hochnebelig war (auch das sind wir von Wien gewöhnt) und wir ja die Falträder dabei haben, haben wir die Gelegenheit für einen kleinen Ausflug genutzt. Ein paar Kilometer zum Atomium und rauf auf den Hügel zum Expo-Gelände aus den 30ern, wo auch die Weltausstellung 1958 stattgefunden hat. Der zentrale Bau Nummer 5 erinnert an die Kulisse in einem Fritz-Lang-Film. Besichtigen kann man das leider nicht so einfach, also wieder runter, vorbei am Mini Europa, durch die Wohngebiete und wieder rauf auf den nächsten Hügel (habe ich schon erwähnt,dass die Stadt alles andere als eben ist?), wo die Nationalbaslika “Sacre Coeur” kaum zu übersehen ist (vgl. Bilder).
Der Rest des Tages war ein langer Spaziergang durch die Stadt, durch Parks und über holprige Plätze ins ehemalige Arbeiterquartier Marolles und zurück. Frites und Waffel. Jetzt Bier mit Geschmack und 8%: Barbār Rouge.
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