Tag 7: Leg­ni­ca – Jele­nia Góra

⌴ 81.3km ⋅ ↗ 699hm ⋅ ↘ 480hm ⋅ ⤓ 122m ⋅ ⤒ 521m ⋅ ◷ 6:28:11  ⋅ Σ 626.5km

Vor vie­len Jah­ren, eigent­lich schon vie­len Jahr­zehn­ten, ich war noch ein klei­nes Mäd­chen, stand ich auf einer ita­lie­ni­schen Auto­bahn­rast­stät­te vor einem Pro­blem: es gab zwei Türen, hin­ter denen sich die Toi­let­ten ver­bar­gen, die aber nicht mit den übli­chen Sym­bo­len beschrif­tet waren. Wo muss­te ich also hin? Damals habe ich das durch kur­zes War­ten gelöst und so fest­ge­stellt, dass ich zu den ‘Don­ne’ gehö­re. Hier in Polen stand ich vor einer ähn­li­chen Fra­ge: muss ich die Tür mit dem Vor­rang­ge­ben-Zei­chen öff­nen oder die mit dem Fahr­ver­bot? Ein auf der Spit­ze ste­hen­des Drei­eck und ein Kreis sind näm­lich hier die Toi­let­ten­sym­bo­le. Heu­te bin ich älter und weni­ger schüch­tern als damals, also ein­fach schnell mal eine Tür auf­ge­macht, Pis­soirs gese­hen und jetzt weiss ich: Fahr­ver­bot ist meines.

Heu­te ist unser letz­ter Tag in Polen und es ist Zeit für ein klei­nes Fazit: wir sind posi­tiv über­rascht, wie rad­ur­laubs­taug­lich zumin­dest die­ser Teil des Lan­des ist. Es gibt erstaun­d­lich vie­le und brauch­ba­re Rad­we­ge, wenn auch völ­lig ohne Beschil­de­rung, d.h. ohne GPS ist man auf­ge­schmis­sen und lan­det auf den Haupt­stras­sen. Die Autofahrer*innen aber wis­sen sich zu beneh­men und nicht nur ein­mal sind wir so behut­sam über­holt wor­den, dass es uns sel­ber schon fast unan­ge­nehm war den armen Men­schen im Auto hin­ter uns so lan­ge auf­ge­hal­ten zu haben. Ver­pfle­gung ist kein Pro­blem, es gibt Greiss­ler, die zumin­dest das haben, was man in Öster­reich an einer Tank­stel­le auch kriegt und wir sind tags­über kuli­na­risch sehr genüg­sam. Super­märk­te gibt es auch, Märk­te, wie es sie in Ita­li­en oder Frank­reich gibt, haben wir bis­her nicht gesehen. 

Markt­plät­ze aber gibt es hier in jeder Stadt, die übri­gens alle nach dem glei­chen Mus­ter auf­ge­baut sind: Es gibt einen zen­tra­len Markt­platz, nor­ma­ler­wei­se Rynek, von dt. “Ring”, genannt. Ein Ring ist es des­halb, weil sich in der Mit­te des Plat­zes das Rat­haus befin­det, der Platz mit sei­nen Bür­ger­häu­sern, nor­ma­ler­wei­se mit Arka­den, geht also rund um das Rat­haus. Wenn die­ser Platz dann noch geeig­net ver­kehrs­be­ru­higt und auto­frei ist, ist es der idea­le Ort für Gast­gär­ten und als Treff­punkt für Locals und Tourist*innen.

Das High­light des heu­ti­gen Tages hät­ten wir fast ver­säumt. Die Frie­dens­kir­che in Jawor ist näm­lich nicht im Rei­se­füh­rer ver­merkt, und das obwohl sie seit 2001 gemein­sam mit einer zwei­ten, etwas grös­se­ren, in Świd­ni­ca auf der UNESCO Lis­te steht. Was ist die­se Kir­che? Der West­fä­li­sche Frie­de gab den pro­tes­tan­ti­schen Christ*innen der Gegend das Recht eine Kir­che zu errich­ten, aber sie muss­ten das mit dem Geld der eige­nen Gemein­de tun und die Kir­che durf­te nicht aus­se­hen wie eine tra­di­tio­nel­le Kir­che. Das ers­te Pro­blem (man war nach dem Krieg ziem­lich plei­te) lös­te man durch eine Fund­rai­sing-Tour in pro­tes­tan­ti­schen Gebie­ten, das zwei­te resul­tier­te in einer wirk­lich unge­wöhn­li­chen Kir­che. Es han­delt sich um einen inner­halb von 2 Jah­ren (1654–55) fer­tig­ge­stell­ten Fach­werk-Bau, der von aus­sen wirkt wie ein Teil eines Guts­hofs und innen eher an ein Thea­ter erin­nert als an eine Kir­che. Meh­re­re Geschos­se von höl­zer­nen Empo­ren boten bis zu 5000 Per­so­nen Platz und die schei­nen auch gekom­men zu sein um an den Got­tes­diens­ten teil­zu­neh­men. Erst spä­ter erhielt die Kir­che auch einen Turm in Fach­werk mit Glo­cken und an den Front­sei­ten der Empo­ren gemal­te Sze­nen aus der Bibel.

Ele­men­te die­ser Bau­wei­se haben wir heu­te dann gleich noch zwei Mal gese­hen: ein­mal beim Bet­haus von Schloss Łom­ni­ca (Fach­werk) und ein zwei­tes Mal hier in Jele­nia Góra in der Gna­den­kir­che (Empo­ren). Ansons­ten hat auch Jele­nia Góra einen Rynek und ist eigent­lich recht unprak­tisch ange­legt. Die Stadt aus­ser­halb des unmit­tel­ba­ren Zen­trums zieht sich über meh­re­re Kilo­me­ter und drei Bahn­hö­fe durchs Tal. Ein Ther­mal­bad und die berühm­ten Schlös­ser lie­gen an den ent­ge­gen­ge­setz­ten Sei­ten, die schon recht früh mit einer Stras­sen­bahn ver­bun­den wur­den, einer aus der Früh­zeit der Stras­sen­bahn­tech­nik, man hat damals einen Gas­an­trieb ein­ge­baut, aber schon um 1900 erkannt, dass das eine eher unprak­ti­sche Sache ist und elektrifiziert.

Die Fotos

Die Stre­cke


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